Am Anfang stand die Idee, unabhängige Kunst aus Deutschland und Russland miteinander in Kontakt zu bringen und einen Einblick in eine vibrierende und sehr fluide Szene zu geben. Und dass nicht nur punktuell in einer Ausstellung, sondern über einen längeren Zeitraum. Aus dieser Idee entwickelten das Goethe-Institut und das Moskauer Museum für Moderne Kunst das Projekt „Raum für Kunst“ im Bildungszentrum des Museums.
Vier selbstorganisierte Kunsträume aus Köln, Leipzig und Berlin waren in den vergangenen 15 Monaten dorthin eingeladen, um die die Bandbreite künstlerischer Betätigung zu zeigen, wie Astrid Wege, Leiterin der Kulturprogramme am Goethe-Institut, erklärt. Den Abschluss des „Raums für Kunst“ bildete der Kunstraum „Spektrum“ aus Berlin, dessen Künstler an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technik agieren und dabei auf einen starken Gemeinschaftsaspekt setzen.
Wie kann die Zukunft gestaltet werden?
Und auch an der Schnittstelle von heute zu morgen. In ihrer Ausstellung „Wie schaffen wir es in die Zukunft?“, die seit Dezember 2018 gezeigt wurde, stellten sich die Künstler die Frage, wie man gemeinsam die Zukunft angehen kann. Was auch die Frage einschließt, wer diese Zukunft mit welchen Mitteln gestalten kann. Um darauf eine Antwort zu finden, ist nach Ansicht von „Spektrum“ ein bestimmtes Wissen über neue Technologien nötig.
Während in der Ausstellung die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit der Zukunft präsentiert wurden, lud der Kunstraum am letzten Februarwochenende drei Dutzend Teilnehmer zu einem Hacklab ein, um aktiv am Prozess teilzunehmen.
Die heute missverständliche Bezeichnung „Hack“ gehe auf die Ursprungsidee des Hackens zurück, wie der kanadische Künstler Michael Ang erklärt. Es gehe darum herauszufinden, wie Dinge funktionieren. Und auch darum, sich umzuschauen und zu fragen, wie man die Technologie um einen herum nutzen könne, um Sachen wie Einfühlungsvermögen zu erzeugen oder eine Verbindung zwischen Menschen und Gesellschaften. Das Hacklab versteht sich als Laboratorium, das nicht lösungsorientiert agiert, meint Wege.
Auch Michael Ang hat vom Hacklab keine Ergebnisse erwartet. Und so entstanden an diesem Wochenende auch mehr Skizzen, wie Ang es nennt. Dennoch ist er glücklich über das, was die Teilnehmer des Hacklab innerhalb kürzester Zeit geschaffen haben. So wie das Cyber-Einhorn, das mittels elektronischer Impulse und per Lichtveränderung die aktuelle Stimmungslage seines Trägers vermitteln soll. Das Hauptanliegen des Hacklabs sei aber das Zusammenbringen von Menschen unterschiedlicher künstlerischer und technischer Hintergründe, die gemeinsam etwas gestalten, betont Ang.
Themen des „Raums für Kunst“ werden weiterverfolgt
Das Projekt „Raum für Kunst“ bezeichnet Astrid Wege als gelungen. Insgesamt 60 000 Zuschauer ließen sich für die junge Kunst begeistern. Das Goethe-Institut habe einen Zugang zu einer jüngeren Szene gefunden. Und das nicht nur in der Kunst, sondern auch in der elektronischen Musik und unter Aktivisten, so Wege. Aus in den in Moskau entstanden Kontakten sind zudem bereits die ersten Folgeprojekte in Deutschland in Planung.
In Zukunft möchte das Goethe-Institut viele Bereiche, die die Künstler während ihres Aufenthaltes in Moskau behandelt haben, weiterverfolgen. Wie etwa das Thema „Gender“, mit dem sich der Kunstraum „District“ aus Berlin im Herbst befasste. So wird sich das diesjährige „Blick“-Filmfestival mit dem Thema „Maskulinität“ auseinandersetzen.
Und auch der„Raum für Kunst“ könnte in veränderter Form weiter bestehen. Gerne würde das Goethe-Institut gemeinsam mit dem Moskauer Museum für Moderne Kunst ein Festival selbst-
organisierter Räume veranstalten. Dies soll jedoch in etwas anderer Form, mit erweitertem internationalen Teilnehmerkreis, stattfinden, sagt Wege. Aber bisher sei das nur eine Idee.
Daniel Säwert