Wie deutsche Reisebüros unter Corona leiden

Russlands Grenzen sind für Ausländer geschlossen. Sollte sich die Situation nicht bald ändern, stehen viele Osteuropa-Touristiker vor dem Aus.

Tourismus
Angebot aus besseren Tagen: Russische Visa werden aktuell nicht ausgestellt. (Foto: David Tiefenthaler)

„Der Ausfall ist bei uns ein Totalaus. 100 Prozent.“, klagt Ljuba Rantzsch. Sie ist Leiterin des Dresdner Reisebüros „Reiseservice Rantzsch“, das vor allem Reisen nach Russland anbietet. Wie viele Menschen in ihrer Branche ächzt ihr Büro unter den wirtschaftlichen Folgen von COVID-19. „Es ist ein harter Schlag für die Tourismusbranche.“, sagt Rantzsch, die schon seit 20 Jahren Individual- und Gruppenreisen nach Russland organisiert.

Seit dem 18. März dürfen Ausländer nicht mehr nach Russland einreisen. Auch die Ausgabe von Visa wurde – vorläufig bis zum 1. Mai – komplett auf Eis gelegt. Ausgenommen von den strikten Reisebeschränkungen sind etwa Diplomaten, Mitarbeiter internationaler Organisationen oder Kraftfahrer. 

Die Lage ist für Anbieter dramatisch

Der Strom der Touristen nach Russland ist versiegt und gleicht nun einem tropfenden Wasserhahn. Lediglich 500 Personen dürfen pro Tag über den Flughafen Scheremetjewo nach Moskau einreisen. Für Irina Kunze, die in einem russischen Visazentrum in Leipzig arbeitet, ist die Lage dramatisch: „Es herrscht völliger Stillstand an der Visafront. Die Auftragslage ist uns komplett weggebrochen.“ Wie und wann es weitergehe, sei völlig ungewiss, so Kunze.

Die Vollbremsung des internationalen Tourismus stellt die Reisewirtschaft in Deutschland vor existenzielle Probleme. Sie ist nicht nur von der deutschen Politik, sondern auch von den internationalen Bestimmungen abhängig. Der Branchenverband DRV befürchtet ein Massensterben unter den vielen mittelständischen Unternehmen, die einen Großteil der Reisewirtschaft ausmachen. Mit Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Überbrückungskrediten wird versucht, den Liquiditätsabfluss aus der Reisebranche zu stoppen. Allein von Mitte März bis Ende April hatte die Branche Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro zu verkraften, so der DRV.

Es werden nur noch Stornierungen bearbeitet

„Bis 1. August ist bei uns alles abgesagt.“, sagt Ljuba Rantzsch. Ihre Mitarbeiter sind aktuell in Kurzarbeit, außerdem hat sie eine Einmalzahlung von 9000 Euro bekommen. Das reiche aber gerade einmal, um die Miete für drei Monate zu decken. „Die laufenden Kosten für Lizenzen und Gehälter bleiben, bei null Umsatz.“, erzählt sie.

Derzeit bearbeitet sie nur Stornierungen. Neubuchungen im Herbst oder auch für Anfang 2021 gibt es kaum. Die Leute hätten Angst zu verreisen, sagt Rantzsch. Ihre Hoffnungen konzentrieren sich auf den Sommer: „Ich hoffe wirklich sehr, dass es ab August besser wird, sonst müssen wir voraussichtlich zusperren.“

Die Zukunft hängt von offenen Grenzen ab

Bernd Strecker, der bei dem Reiseveranstalter Schnieder in Hamburg arbeitet, berichtet von einer ähnlichen Situation. Mehrere hundert Reiseteilnehmer, die Gruppenreisen in der Region um Smolensk und Wolgograd bei ihm gebucht hatten, müssen zuhause bleiben. „Finanziell ist es schwierig. Wir gehen in Vorleistung für Flüge, Hotels und Visa. Aeroflot braucht für Stornierungen acht bis zwölf Wochen.“, sagt Strecker.

Das Corona-bedingte Budgetloch sei bereits auf mehrere hunderttausend Euro angewachsen. Seine Kollegen arbeiten vom Home-Office aus die Stornierungen ab. „Im Mai gibt es Flüge, die noch nicht gestrichen sind, darauf richten sich unsere Hoffnungen.“, meint er. Die Zukunft des Reisebüros hänge davon ab, wann die Grenzen wieder geöffnet werden. Wann genau es jedoch soweit ist, die Grenzbäume hochgehen und Touristen wieder nach Russland einreisen dürfen, steht derzeit jedoch in den Sternen.

David Tiefenthaler

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