Vorsicht, Super-W-Jahr!

Bald ist Super-W-Jahr in Russland: Gut nur, dass Journalisten niemals etwas auf Gerüchte oder Verschwörungstheorien einfacher Bürger geben. Oder?

Der Countdown läuft: zu den Wahlen und zur WM. / Peggy Lohse

Der Countdown läuft: zu den Wahlen und zur WM. / Peggy Lohse

Journalisten geben niemals etwas auf Gerüchte oder Verschwörungstheorien einfacher Bürger. Erst recht nicht, wenn Wahlen oder internationale Großveranstaltungen bevorstehen. Wie beispielsweise in Russland die Fußball-Weltmeisterschaft und die Präsidentschaftswahlen 2018. Was kann man auch jetzt schon sagen, was passieren wird? Andererseits sind das natürlich sehr präsente Themen, nicht nur in Moskau und Russland, sondern der ganzen Welt. Und alle sprechen darüber. Wer wird wohl gewinnen – im Fußball und in der Politik? Wer wird wie verlieren, wie viele Fouls wird es geben und wie brutal werden die sein?

Doch dann gibt es auch andere Interessenschwerpunkte bezüglich des Super-W-Jahres 2018 in Russland. „Seien Sie auf der Hut! Jetzt vor den Wahlen muss man ganz besonders aufpassen“, warnte mich beispielsweise meine Vermieterin bei ihrem letzten Zahltagbesuch. Sie ist eine ältere Frau, Ur-Moskauerin. Lebt im Sommer auf der Datsche. Kümmert sich um die schon lange erwachsene, aber behinderte Tochter ihrer verstorbenen Schwester und hat offenbar schon viele unangenehme Erfahrungen mit Behörden gemacht. „Öffnen Sie niemandem!“ Das sagt sie mir eigentlich schon seit meinem Einzug vor zwei Jahren.

Ihre Theorie für 2018: „Wie in den 80ern“ würde nun bis zu den Wahlen nächstes Jahr der Geheimdienst in Moskau die Macht übernehmen, Ausländer – „vor allem die Asiaten, denen man das ansieht“ – würden immer stärker kontrolliert und dann abgeschoben. Und bis zum Wahltag selbst würde Russland dann für Ausländer komplett dichtgemacht. Dass kurz vorher noch Fans aus der ganzen Welt zur Fußball-WM nach Russland kommen werden, tue nichts zur Sache. „Die sind schnell wieder weg.“

Viel wichtiger sei: „Lassen Sie sich bloß nicht irgendwo mit irgendwelchen ‚dunklen‘ Freunden sehen, das ist sofort verdächtig“, sagt sie mir eindringlich. Die Nachbarn, die Frauen im Supermarkt um die Ecke, jeder könnte das melden. Und dann? Und dann werde es gefährlich! Für alle! Die Freunde, mich, meine Vermieterin, meine Familie… In Deutschland? Na, wer weiß das schon so genau…

Ich beruhige sie, wünsche ihr alles Gute. Und mich und mein dringendes Lachbedürfnis beruhige ich auch: Bloß gut, dass Journalisten auf Gerüchte und Verschwörungstheorien nichts geben.

Peggy Lohse

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