Was Volksdiplomatie den internationalen Beziehungen bringt

In turbulenten Zeiten, wenn die politischen Verhältnisse zwischen Russland und dem Westen von Krisen und gegenseitigem Misstrauen bestimmt sind, nimmt die Rolle der Volksdiplomatie zu, heißt es oft. Ein nicht unumstrittener Begriff wurde bei einer Konferenz in Moskau diskutiert.

Teilnehmer der 19. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Sotschi 2017 /Foto: RIA Novosti

Außerhalb politischer Kreise ist der Begriff Volksdiplomatie nicht geläufig. Bekannt wurde er zu Beginn des Kalten Krieges, als sich die diplomatischen Beziehungen zwischen der UdSSR und dem Westen in einer Sackgasse befanden. Um die Situation zu entspannen, entschied sich die sowjetische Regierung auf die Tätigkeit von Gewerkschaften, gesellschaftlichen, kulturellen, sportlichen Organisationen und Verbänden zurückzugreifen. Als Höhepunkt der Volksdiplomatie gelten die Weltfestspiele der Jugend und Studenten, die in Moskau 1957 unter dem Motto „Für Frieden und Freundschaft“ stattfanden. Im letzten Oktober fanden in Sotschi die 19. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. Das Motto der Veranstaltung lautete: „Für Frieden, Solidarität und soziale Gerechtigkeit, wir kämpfen gegen den Imperialismus. Unsere Vergangenheit ehrend, errichten wir unsere Zukunft.“ 

Der Begriff ist jedoch nicht unumstritten: Für viele hört er sich nach Propaganda und Manipulation der öffentlichen Meinung an. Ob der Staat mit der Volksdi­plomatie seine Interessen durchsetzen möchte, darüber wurde bei der ersten Konferenz zur Volksdiplomatie Mitte Februar in der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation referiert und diskutiert. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Internationalen Verband der deutschen Kultur (IVDK), Föderale Nationale Kulturautonomie der Russlanddeutschen (FNKA der RD) und dem Institut für ethnokulturelle Bildung (BiZ). Beteiligt waren nicht nur zahlreiche Vertreter der russischen Regierung, sondern auch die Botschafter Deutschlands und Polens, offizielle Vertreter der Botschaften von Südkorea, Griechenland, Ungarn, Bulgarien, Iran und Armenien sowie Leiter internationaler NGOs.

Unabhängigkeit als Bedingung

„Das Interesse für die Volksdiplomatie und interkulturelle Partnerschaften wächst angesichts der schwierigen politischen Verhältnisse und unter dem Druck der Globalisierung“, sagte der Organisator der Konferenz Heinrich Martens, Vorsitzender der Kommission für Fragen der Pflege und Entwicklung kultureller und sprachlicher Vielfalt der Völker Russlands beim Rat für zwischennationale Beziehungen. „Zivilgesellschaftliche Organisationen haben das Potenzial und die Möglichkeit, die große Politik zu beeinflussen, und das muss auch genutzt werden.“

Auch Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des Ausschusses des Föderationsrates für internationale Angelegenheiten, unterstrich die Wichtigkeit der Volksdiplomatie, wenn es „oben“ in der Politik nicht so gut läuft. Dann kann die Di­plomatie von „unten“ zum einzigen Rettungsmittel für die Beziehungen zwischen den Ländern werden. „Der Volksdiplomatie gehört die Zukunft“, ist Kossatschow überzeugt. Eine grundlegende Bedingung für die Volksdiplomatie ist jedoch ihre Unabhängigkeit von der staatlichen Regierungspolitik. „Der Staat muss die Zivilgesellschaft und ihre Initiativen mit finanziellen Mitteln unterstützen. Er darf sich aber unter keinen Umständen in ihre Tätigkeit einmischen – das wäre ein Ende für die Volksdiplomatie.“ Also doch keine Propaganda, wenn es nach der offiziellen Rhetorik geht.

„Zivilgesellschaft ist kein Instrument des Staates“

Doch um der Gefahr vorzubeugen, dass Bürgerinitiativen zu einem Instrument der Ideologie werden, müssen sich die Staaten an die Vereinbarungen der Charta von Paris halten. Das internationale Abkommen über die Schaffung einer neuen friedlichen Ordnung in Europa, das 1990 unterschrieben wurde, sichert den Völkern die Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu. Daran erinnerte Rüdiger Freiherr von Fritsch, deutscher Botschafter in Russland. „Zivilgesellschaft ist kein Instrument des Staates – im Gegenteil, es ist die Pflicht des Staates, Bedingungen zu schaffen, in denen sich die Zivilgesellschaft wie vereinbart frei entfalten kann.“

Wie Volksdiplomatie heute in der Praxis aussieht, zeigte unter anderem der Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften (BDWO). Ein erfolgreiches Projekt von vielen ist „RussoMobil“: Russische Studenten, die in Deutschland ein zweites Hochschulausbildung absolvieren, besuchen deutsche Schulen, machen Werbung für die russische Sprache und Kultur und vermitteln ein modernes Russlandbild. Finanziert wird der 1996 entstandene Verband von der russischen Stiftung „Russkij Mir“. Zu seinen Initiativen zählen auch Bürgerbegegnungen, Städtepartnerschafen, Fachkräfte-, Schüler- und Studentenaustausche. „Für die Zukunft ist es enorm wichtig, immer mehr Freundschaftsbrücken zwischen den Ländern zu bauen“, sagte Oksana Kogan-Pech, Vertreterin der Organisation. Und das gehe am besten mit Volksdiplomatie.

Olga Kruglova

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