Neue Nachbarn: In Moskau siedeln sich immer mehr Füchse an

Moskau war immer eine Stadt der Hunde. Doch mittlerweile verabschieden sie sich immer mehr aus dem Straßenbild. Dafür finden andere vierbeinige Migranten aus der Natur ihren Weg in die Stadt. Wilde Füchse haben Moskau als neues Zuhause für sich entdeckt und planen wohl, etwas länger zu bleiben

Fuchs

Ein gefangener Fuchs in der Pflegestation Andrejkowo. /Foto: Sergej Burmistrow

Wilde Tiere sind kein neues Phänomen in Moskau. Bereits seit dem 19. Jahrhundert gab es großangelegte Aktionen, um die Straßen von herrenlosen Hunden zu befreien. Dabei waren extreme Maßnahmen wie Töten der Tiere an der Tagesordnung. Heutzutage greift man zu tierfreundlichen Methoden, um das Problem mit den Straßenhunden in den Griff zu kriegen.

Laut dem „Zentrum für Schnelle Hilfe in Notsituationen“ stellt die Regierung mehrere Millionen Rubel für das Fangen, Sterilisieren und Halten von Tieren in städtischen Unterkünften bereit. Die Stadt begründet diese Maßnahmen damit, dass herrenlose Hunde Träger von gefährlichen Krankheiten wie Tollwut sein können. Ebenso können sie das fragile Ökosystem der Stadt, indem sie andere Arten in den Waldgebieten Moskaus, angreifen und ausrotten.

Die Hunde waren wichtig für das Gleichgewicht

Der Hund kann aber auch durchaus positiven Einfluss auf das Gleichgewicht des Tierreichs haben. Irina Schwez, Mitglied des Präsidiums der Russischen Kynologischen Föderation hob bereits im letzten Jahr die Bedeutung der Straßenhunde für Moskau hervor.

„Das Einfangen von herrenlosen Hunden wird zur Invasion von Wölfen, Bären und Füchsen in besiedelten Gebieten Russlands, einschließlich Moskau, führen“, warnte die Kynologin gegenüber dem Nachrichtenportal m24.ru. Die Zukunftsvoraussagen von Schwez haben sich mittlerweile bewahrheitet. Die Hunde sind nun weitestgehend von den Straßen verschwunden. Dafür haben Füchse ihren Platz in Russlands Hauptstadt eingenommen.

Laut Abteilung für Naturmanagement und Umweltschutz leben mittlerweile 700 Füchse in Moskau. Und sie dringen immer tiefer in die Stadt ein. Nicht zuletzt wegen des fehlenden Drucks durch die Straßenhunde. Weitere Gründe sind Lebensmittelquellen wie Müll. Dieser garantiert eine stabilere Nahrungsfindung, als die saisonal abhängigen Essensvorkommen in den Wäldern.

Auch das Vorhandensein einer Vielzahl von natürlichen und künstlichen Schutzräumen, wie Kleintierbauten und Terrassen, spielen eine wichtige Rolle für die Zuwanderung. Dort seien die Tiere geschützt.

Der Fuchs dringt immer weiter in die Stadt

Füchse sind von Natur aus scheue Tiere, die normalerweise zurückgezogen leben. Doch in letzter Zeit, so die Abteilung für Ökologie und Umweltschutz, wären die Füchse zu vollwertigen Stadttieren geworden, die sich gut an die städtische Umgebung angepasst hätten. Diese Entwicklung verfolgt das Department schon seit 2013. War vor ein paar Jahren ein Zusammentreffen zwischen Mensch und Fuchs noch etwas sehr Außergewöhnliches, ist es heute keine Seltenheit mehr, dass in der Nähe von Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern ein Fuchs über den Weg läuft.

Das zeigen auch die 144 Meldungen über freilaufende Füchse, die beim Vereinigten Informationsdienst Moskau im Jahr 2017 eingegangen sind. Große Aufmerksamkeit erregte ein Fall im letzten Sommer. Zwei Füchse fühlten sich unter Menschen so sicher, dass sie unter der Veranda eines Kindersanatoriums im Norden Moskaus Löcher gruben und ihre Nachkommen dort gebaren.

„Sie entpuppten sich als sehr kulturelle Nachbarn – die Menschen mischten sich nicht ein und die Kinder hatten keine Angst“, so die Pressesprecherin der Abteilung für Ökologie und Umweltschutz. Dieser Fall ist aber einer Ausnahme. Normalerweise werden die gemeldeten Tiere eingefangen und anschließend in die  Pflegestation Andrejkowo gebracht. Dort erhalten sie die Möglichkeit, sich zu erholen, bevor sie wieder ausgewildert werden.

Auch die Füchse bringen Probleme mit sich

Die Stadt Moskau schenkt der Thematik deswegen viel Beachtung. Ihr  ist bewusst, dass auch die neuen Straßentiere nicht unproblematisch für die Metropole sind. Sie können zum einen Träger von Krankheiten und Seuchen sein, wie den Fuchsbandwurm auf den Menschen übertragen und so Epidemien auslösen.

Zum anderen sind sie auch für weitere Lebewesen eine potentielle Gefahr. So wie damals die Hunde eine Bedrohung für die Wildtierarten im Umland darstellten, so sind die Füchse natürliche Feinde verschiedener Vogelarten, die dadurch vor der Ausrottung stehen könnten. Um einer potentiellen Überbesiedelung der Tiere in Moskau zu verhindern, hat die Abteilung genaue Gegenmaßnahmen eingeleitet. Die Entsorgung und Lagerung von Lebensmittelabfällen sollen besser kontrolliert und sanitäre sowie epidemiologische Maßnahmen optimiert werden.

Mittlerweile wurden Gegenmaßnahmen eingeleitet

Außerdem soll den Füchsen die Möglichkeit zur Errichtung eines Baus genommen werden. Mögliche Schutzräume in Gebäuden in Industriegebieten als auch in Wohnhauskomplexen, sollen kontrolliert und so weit wie möglich gesperrt werden. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf leerstehende Gebäude gelegt. „Ziel ist es, die Eigentümer der Gelände und Gebäude für dieses ökologische Thema zu sensibilisieren, um ihr Verantwortungsbewusstsein dafür zu wecken.“

Die Abteilung für Umweltschutz und Ökologie führt seit 2012 gemeinsam mit dem Moskauer Ausschuss für Tierarzneimittel halbjährlich Impfmaßnahmen an Wildtieren durch. Hierbei handelt es sich um eine orale Impfung mittels Ködern. Diese sind mit Impfstoff versehen sind und werden in ganz Moskau ausgelegt. „Durch diese Methode konnten positive Ergebnisse in Bezug auf die Bekämpfung von Krankheiten bei Wildfleischfressern erzielt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Doch die Abteilung für Ökologie und Umweltschutz gibt Entwarnung. Angst müsse man vor den Füchsen nicht haben. „Laut Biologen, die die Verbreitung von Wildtieren in städtischen Gebieten analysieren, übersteigt das Ausmaß der Gefahr von Tieren aus dem Wald nicht das der herrenlosen Tiere.“ Verhalten sich die Menschen in einer angebrachten Weise und kontrolliert die Stadt wirklich wie geplant, so steht dem friedlichen Zusammenleben mit den Füchsen nichts im Wege.

Sandra Laudenschläger

 

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