Medien auf dem Index

Seit Beginn der „Sonderoperation“ wurden in Russland praktisch sämtliche großen unabhängigen Medien von der staatlichen Aufsichtsbehörde gesperrt. Der Grund sind „Falschmeldungen“.

Viele Medien sind in Russland hinter einer Zugangsschranke verschwunden. (Foto: Fotolia/maxkabakov)

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat kürzlich eine Lanze für die Pressefreiheit gebrochen. Ende April leitete er in New York eine Sitzung des Weltsicherheitsrats, wohin ihn auch einige Journalisten von Staatsmedien begleiten hatten sollen. Doch die USA erteilten ihnen kein Visum. Das zeige wieder einmal, wie es der Westen mit unbequemen Meinungen halte, schimpfte Lawrow. Man werde das nicht vergessen und nicht vergeben.

Auf VPN oder Telegram angewiesen

In der Heimat wird derweil dafür Sorge getragen, dass der brave Bürger möglichst von unbequemen Meinungen verschont bleibt. Seit Beginn der „Sonderoperation“ im Febuar 2022 bis zum heutigen Tag wurde der direkte Zugang zu praktisch sämtlichen unabhängigen oder ausländischen russischsprachigen Medien gesperrt. Wer sie weiter lesen, sehen oder hören möchte, muss schon einigen Aufwand betreiben. Das probateste Mittel sind VPN-Programme, deren Nutzung zwar nicht verboten ist, gegen die in Russland aber ebenfalls vorgegangen wird. Kostenlose Versionen sind oft langsam, Geld für ein Upgrade zu bezahlen, ist riskant. Denn ob das Programm auch tatsächlich läuft und wie lange noch – ungewiss.

So wird Telegram zum Tummelplatz für Andersdenkende und all jene, die sich wirklich journalistisch oder auch einfach pluralistisch informieren lassen wollen. Der Internetdienst entzieht sich bisher erfolgreich staatlicher Kontrolle. Die meisten der von der Aufsichtsbehörde Roskomnadsor blockierten Medien unterhalten dort ihre Kanäle.

30 gesperrte Medien

Ihre Sperrung wurde in fast allen Fällen mit der Verbreitung von Falschmeldungen über die „Sonderoperation“ begründet. „Falsch“ ist dabei alles, was der offiziellen Darstellung widerspricht. Zu den bekanntesten Medien, die von der Sperrung betroffen sind, gehören diese 30:

7×7

Meduza¹²

Republic¹

Echo Moskwy

Nowaja Gazeta

The Village

Deutsche Welle

iStories (Waschnyje Istorii)¹²

TJournal

Die Welt

Radio Swoboda¹

The Insider¹²

Doschd TV¹

Doxa

Euronews

BBC Russian Service

Strana.ua

Germania.one

Verstka

The Bell¹

Cherta

Spektr

Bellingcat¹²

Current Time TV

Delfi

Postimees

Holod

Mediazona¹

Bumaga

Colta.ru

„Ausländische Agenten“

Mit der Blockade ist oft nicht getan. Zahlreiche Medien sind in Russland als „Ausländische Agenten“ eingestuft – oben mit der Ziffer 1 gekennzeichnet, manche sogar als „unerwünschte Organisation“, was einem Verbot gleichkommt – Ziffer 2. Die Betroffenen reagieren auf unterschiedliche Weise. Manche haben aufgegeben, andere ihre Redaktion ins Ausland verlegt oder waren vorher schon dort.

In Russland selbst jenseits der großen Medienhäuser einer journalistischen Arbeit nachzugehen, wird immer schwieriger. Seit dem 24. Februar 2022 wurden auch fast 150 Journalisten zu „Ausländischen Agenten erklärt. Diesen Status bekamen unter anderem die populären Video­blogger Juri Dud, Ilja Warlamow und Maxim Katz verpasst. Ihre Youtube-Kanäle werden nichtsdestotrotz von einem Millionenpublikum geschaut.

Tino Künzel

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