Vom Verständnis der Medien

Der moderne Mensch lebt in einer Medienwelt. Diese zu verstehen, fällt jedoch vielen schwer. Das Projekt „The Earth Is Flat“ will zum sicheren Umgang mit Informationen verhelfen.

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Ilja Ber erklärt Schülern in Jaroslawl die Funktionsweise von Wikipedia. © Dmitrij Otschagow

Fernsehen, Zeitungen und vor allem das Internet liefern täglich eine Flut von Informationen, die kaum noch zu bewältigen ist. Besonders das Internet ist zu einem Ort geworden, an dem viele Menschen aufgrund von Unwissenheit Informationen falsch deuten. Zudem gehen viele Nutzer leichtfertig mit ihren Daten um und werden so zu Opfern von Identitätsraub und Cybermobbing. Mit dem Projekt „The Earth Is Flat – How to Read Media“ wollen das Goethe-Institut und das Online-Magazin Colta.ru das Bewusstsein der Russen schärfen und erklären, wie man verantwortungsvoll mit Medien umgehen kann.

Dass Russen ein besonderes Problem mit Medien haben, glaubt Ilja Ber grundsätzlich nicht. Ber ist Moderator und Publizist und begleitet das Projekt in den russischen Regionen. Allerdings gebe es durchaus Voraussetzungen, die eine mangelnde Vorsicht vor Informationen befördern würden, so Ber. So habe die geringe Auswahl zu Zeiten der Sowjetunion dazu geführt, dass die Menschen jedes gedruckte und gesprochene Wort als Wahrheit ansehen würden. Selbst das Aufkommen anderer Medien habe daran nicht viel verändert, ist Ber überzeugt. Und schließlich haben die Angliederung der Krim und der Konflikt in der Ostukraine zu einem regelrechten Informationskrieg geführt. Deshalb müsse man bei der Jugend ansetzen und diese frühzeitig aufklären, ist der Publizist überzeugt.

Dementsprechend dicht ist das Programm von „The Earth Is Flat“. Bei den Einführungen in das Internet und die sozialen Medien legen die Experten das Augenmerk auf Vkontakte und Instagram, die Netzwerke, in denen sich die Jugend tummelt und nur allzu viel über sich preisgibt. Auch die Onlineenzyklopädie Wikipedia wird in den Workshops verstärkt behandelt. An ihrem Beispiel sollen die Kinder und Jugendlichen verstehen lernen, wie Informationen im Internet entstehen und wie man sie verifizieren kann. Auf die Frage, warum gerade Wikipedia im Fokus stehe, meint Ber, dass die Enzyklopädie bis vor Kurzem noch einen sehr schlechten Ruf in Russland hatte und besonders unter Lehrern geradezu als Schimpfwort galt und in vielen Einrichtungen verboten war. Denn schließlich sei für viele nicht nachvollziehbar gewesen, von wem die Informationen genau stammen.

Mittlerweile wurde das Projekt auch auf Erwachsene ausgeweitet. Man sei überrascht gewesen, dass eine große Nachfrage unter Lehrern und Dozenten bestand, meint Ksenija Lutschenko, Journalistin und Methodikerin von „The Earth Is Flat“. So wurde in Jaroslawl am ersten Juniwochenende bereits zum fünften Mal auch ein Workshop für Erwachsene angeboten. Anna Starschowa, Dozentin für Kulturwissenschaft an der Pädagogischen Universität Jaroslawl, begründet ihre Teilnahme damit, dass das Thema Medien für ihre Tätigkeit sehr aktuell sei. Sie selbst sei im Internet wenig aktiv, habe weder ein Profil in einem sozialen Netzwerk noch wisse sie wirklich, was YouTube sei – sie sei ein „Dinosaurier“, sagt die Mittvierzigerin über sich selbst. Allerdings müsse man sich Mühe geben und generationenübergreifend denken. Schließlich bereite sie auch zukünftige Lehrer auf ihren Beruf vor, so Starschowa. Und nicht zuletzt gehe es auch um die Kommunikation mit ihren Kindern. Weshalb fast ihre gesamte Familie am Projekt teilnehme.

Während Lehrer und Dozenten ihre Erfahrungen im Umgang mit den Medien in einer Diskussionsrunde austauschen, verarbeiten die Kinder und Jugendlichen das Erlernte in einem selbstgedrehten Video. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit seien im Laufe des Projektes bereits bemerkenswert kreative Filme entstanden, so Lutschenko. 

Ob die Gefahr bestehe, dass die Kinder und Jugendlichen mit den Informationen überfordert sind? Möglich, meint Ber. Aber das könne man nicht genau sagen. „Wir pflanzen die Samen in den virtuellen Kopf der Kinder. Einige der Samen gehen ein und andere blühen hoffentlich auf“, so der Medienkritiker. Das werde alles die Zukunft zeigen. Aber freuen würde er sich schon, wenn seine Arbeit Früchte tragen würde, meint Ber und freut sich bereits auf den nächsten Workshop.

Daniel Säwert

The Earth Is Flat – How to Read Media?

„The Earth Is Flat – How to Read Media?“ ist ein gemeinsames Informations- und Bildungsprojekt des Goethe-Instituts Moskau und des Online-Magazins Colta.ru. Unterstützt wird das Projekt mit Mitteln der Europäischen Union. „The Earth Is Flat“ vereint Medienexperten und Pädagogen und will in erster Linie die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen stärken.

Insgesamt sind Workshops in 15 russischen Regionen geplant. Zu den Workshops finden zusätzlich Vorträge von führenden russischen und ausländischen Journalisten statt.
Mehr Informationen unter

howtoreadmedia.ru

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