Rumänien hat viele Minderheiten. Zahlenmäßig besonders stark sind die Ungarn. Da seit Mai 2016 Lorant Vincze von der Demokratischen Union der Ungarn in Rumänien (RMDSZ) Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) ist, fand deren diesjähriger Kongress nun im „Ungarn-Zentrum“ Cluj-Napoca (ungarisch Kolozsvár, deutsch Klausenburg) statt. Auch der Internationale Verband der Deutschen Kultur (IVDK) der Deutschen in Russland war unter den etwa 170 Kongress-Delegierten aus allen Ecken Europas dabei.
Mehr Schutz für Minderheiten
„Wir haben das Spiel schon jetzt verändert”, sagte Vincze zur Eröffnung kämpferisch. Damit meint er vor allem eine Bürgerinitiative, die künftig alle nationalen Minderheiten in EU-Mitgliedsstaaten unter die schützende Hand Brüssels stellen soll: die Minority Safepack Initiative (MSPI).
Damit die EU das auch thematisieren muss, braucht es eine Million Unterstützer. Der Startschuss zu der weltweiten Unterschriftenaktion fiel auf dem Kongress.
Aber warum weltweit, wenn es doch „nur” die europäischen Minderheiten betrifft? Denn es geht um Motivation und Solidarität. „Als diese Initiative ausgearbeitet wurde, haben diejenigen Länder, die keine EU-Mitglieder sind, gesagt: ‚Wir wollen nicht außen vor bleiben, weil dieser Ansatz für die Entwicklung der zivilgesellschaftlichen Position wichtig ist’”, erläutert die FUEN-Vizepräsidentin und erste stellvertretende IVDK-Vorsitzende Olga Martens. „Zweitens möchten wir die EU-Mitglieder in dieser Initiative unterstützen, gerade so können wir als Bürger aktiv werden.” Nicht-EU-Länder können darum wenigstens symbolisch ihre Stimme abgeben.
Schutzlos vor der Haustür
Parallel zu den Kongress-Abstrakta machte der Zentralrat deutscher Sinti & Roma auf einen groben Fall von Diskriminierung aufmerksam: Unweit der Hoteltür, kurz hinter der Stadtgrenze leben Hunderte Roma in direkter Nachbarschaft mit einer riesigen Müllkippe. Mit Kindern, mit ihrem letzten Hab und Gut.
Im Dezember 2010 waren 76 Familien widerrechtlich – das haben sogar Gerichte festgestellt und die Stadt zu Strafen in Höhe von etwa 2000 Euro verurteilt – aus der Stadt dorthin umgesiedelt worden. Heute leben sie zu zehnt in 16-Quadratmeter-Zimmerchen. Strom und sauberes Wasser sind Mangelware. In der Luft hängt ständig ein süßlich-scheußlicher Müllgeruch. Die Gesundheit leidet sehr: „Wer hier über 40 Jahre alt wird, hat Glück”, sagt Alexander Fekete, ein Betroffener, der gemeinsam mit seiner Kollegin Linda Greta einen Verein für die Rückumsiedlung in die Stadt führt. Bislang vergeblich. Nachdem eine FUEN-Delegation sich vor Ort ein Bild machte, wurden eine zusätzliche Resolution zur Unterstützung gegenüber den Stadtverantwortlichen erstellt.
Zurück im behaglichen Sternehotel werden weiter Pläne geschmiedet: Eine neue Arbeitsgruppe kümmert sich künftig länderübergreifend um den Bereich Bildung und Sprache, der für nationale Minderheiten eine besonders wichtige Rolle spielt. Außerdem wollen sich FUEN-Vertreter dafür einsetzen, dass auch Russischsprachige als Minderheit anerkannt werden, und zwar der Verein „Russische Schule Estlands“.
Peggy Lohse