Dream Island: „Opening soon“

Seit Ende Februar hat Moskaus neuer Vergnügungspark seine Tore geöffnet. Dem viel zitierten Anspruch als „russisches Disneyland“ kann er jedoch nicht gerecht werden. Allein schon deshalb, weil die Hälfte der Attraktionen noch geschlossen ist.

Die Hallenatmosphäre lässt sich auch jenseits des Parkeingangs nicht abschütteln.
(Foto: Patrick Volknant)

Wenn sich die russische Hauptstadt etwas vorgenommen hat, lassen die Superlative nur selten auf sich warten. Der neue Freizeitpark Dream Island (oder im Russischen: Ostrow Metschty) stellt da keine Ausnahme dar. Mit sage und schreibe 300 000 Quadratmetern handelt es sich bei dem Vergnügungszentrum um Europas größten Indoor-Freizeitpark. Verschlungen hat das Großprojekt mehr als 110 Milliarden Rubel, rund 1,3 Milliarden Euro. Vier Jahre lang wurde auf dem Gelände geschuftet bevor der Park Ende Februar schließlich seine Tore öffnete.

Inspiration aus den Vereinigten Staaten

Genau diese sind es auch, die das Vorbild hinter Dream Island schnell verraten: Der hohe, festliche Eingangsbereich, eingerahmt von beflaggten Türmchen, erinnert, sicherlich nicht ohne Zufall, ans weltberühmte Disneyland in Kalifornien. Das auf einer riesigen Leinwand dargebotene Werbefilmchen für Dream Island macht ebenfalls keinen Hehl aus der Wahlverwandtschaft. In ihm wird das Märchenschloss mit goldenen Funken in Szene gesetzt – genauso wie man es eigentlich nur aus den Filmen des US-amerikanischen Produktionsstudios gewohnt ist. Angesichts dessen liegt auch ein Stückchen Wahrheit darin, wenn der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitrij Peskow, behauptet, dass der russische Park locker mit seinem Vorbild in den Vereinigten Staaten mithalten könne.

Unter ihren bläulich schimmernden, leicht gewölbten Glasdecken bietet die Anlage zunächst eine Shopping Mall mit Restaurants und kleineren Franchise-Läden. An Gelegenheiten, sein Geld für Kleidung oder Essen auszugeben, mangelt es generell nicht. Anfang März, gegen sechs Uhr an einem Freitagabend, ist hier noch nicht allzu viel los. In leeren Shops warten Verkäuferinnen und Verkäufer auf Kundschaft oder versuchen diese innerhalb der Passage auf sich aufmerksam zu machen. Neben ein paar Besuchern sind ansonsten noch Arbeiter zu sehen, die nach wie vor an der Fertigstellung des Areals tüfteln. Hier und da hängen noch Kabel aus den Wänden. Eine Terrasse wurde gefliest, aber noch nicht freigeräumt.

Viel Kommerz, wenig Leidenschaft

Dream Island bietet 29 Attraktionen, die meisten davon für jüngere Kinder. Wie es sich für einen Freizeitpark gehört, erwarten die Besucher unterschiedliche Themenwelten in den einzelnen Abschnitten der Halle. Einige von ihnen orientieren sich an lizensierten Markenfiguren wie den Schlümpfen, Hello Kitty oder den Ninja-Turtles. Das Eintauchen in die zauberhaften Paralleluniversen fällt jedoch relativ schwer. Dazu trägt zum einen der auch innerhalb des Parks anzutreffende Baustellencharakter bei. Zum anderen holt einen der schwarze, letztlich lieblos gestaltete „Himmel“ immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es kommt die Frage in den Sinn, weshalb hier auf eine gläserne Lösung wie in der Shopping Mall verzichtet wurde.

Zudem lässt die gnadenlose Kommerzialisierung nur wenig Platz zum Träumen. Merchandise wird an jeder Ecke angeboten und lässt die eigentlichen Highlights des Parks verblassen. Ein Vorbeikommen gibt es nicht: Am Ausgang einer jeden Attraktion wartet ein Store mit Fan-Shirts und Krimskrams, den Kinder lieben. Das ist erst einmal nichts Besonderes, doch auch wer den Park am Ende verlassen will, muss noch einmal an allen Produkten vorbei. Auch an denen, die man den Kleinen erst vorhin hat mühsam ausreden müssen.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Neben relativ harmlosen Attraktionen wie etwa einer Dino-Safari, einem Kettenkarussell oder einem Mini-Riesenrad gibt es auch ein paar wirklich adrenalintreibende Gefährte für die höheren Altersgruppen. Unter ihnen befindet sich zwar nichts, was man nicht schon kennen würde, doch die Maschinen verfehlen ihr Ziel nicht. Auf schwingenden, sich um die eigene Achse drehenden Metallanlagen wird der eigene Wagemut auf die Probe gestellt. Auf einer Achterbahn kommt zusätzlich zum wilden Treiben eine VR-Brille zum Einsatz, die ein futuristisches Rennen simuliert und tatsächlich auch intensiviert. Im transsilvanischen Schauerschloss sorgen gruselig verkleidete Darstellerinnen und Darsteller für Schrecken.

All das verfehlt seine Wirkung nicht und macht großen Spaß. Umso enttäuschender ist es dann aber, dass etliche der Hauptattraktionen noch nicht eröffnet wurden. Die Burg der Schneekönigin, verlockende Teile Transsilvaniens und die vielversprechende Metro-Achterbahn schlummern, neben anderen Attraktionen, weiter vor sich hin. Am Tagespreis für Erwachsene von 2200 Rubel, rund 26 Euro, hat diese Tatsache natürlich nichts geändert. Am Wochenende und an Feiertagen steigt die Summe auf 2900 Rubel, etwa 34 Euro, an. Es bleibt das ungute Gefühl, man hätte noch ein paar Monate mit seinem Besuch warten sollen. Denn eigentlich hat Dream Island das Potenzial zu einem soliden Freizeitpark. Für die großen Vergleiche wird es allerdings auch in Zukunft nicht reichen.

Täglich von 10 bis 22 Uhr
Dream Island
Andropowa Prospekt 1
Metro Technopark
www.dreamisland.ru

Patrick Volknant

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