Eigentlich ist Johannes Schöllhorns neuester Geniestreich ja noch geheim. „Ich will darüber lieber nicht zu viel erzählen“, lacht der Komponist und Professor der Musikhochschule Freiburg, dessen Werk „À Moscou“ Mitte April in Moskau Premiere feiert. „Mir ist es lieber, wenn der Zuhörer kommt, sich überraschen lässt und dann selbst entscheidet, ob es ihm gefällt.“
Träumen mit zwei Schlagzeugen
Ein paar Eckdaten lässt sich der Mann mit der gelockten Künstlermähne dann aber doch entlocken. „Das Stück ist etwa 15 Minuten lang, ziemlich ruhig und sehr reich an Klangfarben“, beschreibt der Musiker seine Komposition, an der er rund ein Jahr gefeilt hat. „Es ist Musik zum Träumen, ohne Extreme, wie ein Spaziergang durch viele Farben.“ Ungewöhnlich sei der Einsatz von gleich zwei Schlagzeugen. „Das gibt dem Stück besonders viel Resonanz!“, freut sich Schöllhorn.
25 Jahre Studio für Neue Musik Moskau
Die spannende Premiere ist Höhepunkt des Konzertabends „Mit Ironie und ohne. Moderne deutsche Musik“, welcher am Abend des 18. Aprils im Moskauer Konservatorium stattfindet. Die Veranstaltung im Rachmaninow-Saal des Traditionshauses gehört zum Zyklus „Projektionen zeitgenössischer Musik“. Mit der Konzertreihe feiert das renommierte Studio für Neue Musik Moskau sein 25-jähriges Bestehen.
Das auch jenseits der russischen Grenzen bekannte Ensemble wurde im Jahr 1993 von den Komponisten Wladimir Tarnopolskij und dem Dirigenten Igor Dronow aus der Taufe gehoben. In dem Klangkörper kamen Enthusiasten der zu Sowjetzeiten verfemten Avantgardemusik zusammen. Gemeinsam entdeckten die begeisterten Musiker verfolgte russische Meister wie Alfred Schnittke, Edison Denisow oder Sofia Gubaidulina wieder, deren Kompositionen nach dem Zusammenbruch des Kommunismus endlich wieder öffentlich gespielt werden durften.
Tausend Erstaufführungen
Trotz der äußerst schwierigen Startbedingungen in den turbulenten 90er Jahren entwickelte sich das Studio rasch zu einer Erfolgsgeschichte. Auf mehr als tausend Erstaufführungen fast vergessener Stücke brachte es das Ensemble in den 25 Jahren seit seiner Gründung. Darunter unter anderem das satirische Opern-Fragment „Die Nase“ von Dmitri Schostakowitsch oder die „Kammersymphonie“ des Avantgarde-Pioniers Nikolai Roslawets, der in den 30er Jahren wegen seiner innovativen Musik vom sowjetischen Geheimdienst beschattet wurde.
Goethe-Institut unterstützt Musiker
Unterstützt wird das Studio für Neue Musik seit seiner Gründung vom Goethe-Institut in Moskau. So bezahlt die Kultureinrichtung Aufträge an Komponisten, kommt für Recherche- und Reisekosten auf oder richtet Diskussionen zu musikalischen Fachthemen aus.
Auch den Auftrag an Johannes Schöllhorn hat das Goethe-Insitut für das Studio in Auftrag gegeben. „Weil die Musiker mit Kompetenz, Verstand und Sensibilität spielen“, begründet Astrid Wege, Leiterin der Kulturprogramme des Instituts, das Engagement. Zudem sei die Förderung Neuer Musik ein Schwerpunkt des Instituts. Das Konzert, bei dem auch Werke von vier weiteren deutschen Komponisten erklingen, beginnt um 19 Uhr
Birger Schütz