Deutschland? Eher chancenlos: Kinder über die Fußball-WM in Katar

Mit Wintersport kennen sich die Russen aus. Aber die Winter-WM im Fußball hat für sie einen großen Haken: Sie findet ohne Russland statt, das seit Februar wegen der „Sonderoperation“ von FIFA und UEFA gesperrt ist. Wem also soll man in Katar die Daumen drücken? Russische Fußballkids haben der MDZ noch vor WM-Beginn erzählt, was sie dazu meinen.

Für Argentinien

Alexander ist für Argentinien und Spielmacher Messi (Foto: Tino Künzel)

Als Deutschland 2014 Fußball-Weltmeister wurde, war Alexander Kondratenkow erst zwei Jahre alt. Seitdem hat er im Sport schon so einiges erlebt. Als Dreijähriger ging es mit Eishockey los, mit sechs gab er Fußball den Vorzug. Damals schaute der heutige Fünftklässler auch seine ersten Spiele im Fernsehen – in größerer Runde. „Wir haben unseren Fernseher nach draußen geschafft, ihn im Hof auf eine Bank gestellt und mit unseren Nachbarn zusammen Fußball gesehen“, erinnert er sich. Gerade ist Alexander der Kleine bei einer Hallen-Regionalmeisterschaft als bester Spieler seiner Mannschaft aus der Kleinstadt Sosnogorsk 1200 Kilometer nordöstlich von Moskau ausgezeichnet worden. Bei der WM fiebert er mit Leo Messi und Argentinien mit. Messi ist sein Idol. „Ein Linksfuß wie ich. Er spielt auf dem rechten Flügel, damit er von dort nach innen ziehen und mit links schießen kann. Zuletzt ist er für Paris Saint-Germain mit jedem Spiel besser geworden. Auch für Argentinien wird er eine gute Rolle spielen.“

Für Brasilien

Radomir ist für Brasilien und Flügelspieler Antony (Foto: Tino Künzel)

Aber den WM-Titel machen Brasilien und Frankreich unter sich aus, glaubt Radomir Durkin. Dabei ist der Zehnjährige aus Uchta, einer Nachbarstadt von Sosnogorsk, für die Selecao. Und das begründet er wie ein Experte, der auch im Fernsehen eine gute Figur abgeben würde: „Brasilien hat eine tolle junge Mannschaft mit Spielern wie Antony oder Vinicius Júnior. Die können jeden Gegner an die Wand spielen.“ Das 1:7 der Südamerikaner gegen Deutschland bei der WM 2014? Lange her, heute würde das nicht mehr passieren. Was auch an den Deutschen liegt: „Die können froh sein, wenn sie die Gruppenphase überstehen.“

Im Finale werde wohl Frankreich gegen Brasilien gewinnen, „die Chancen stehen 60:40“. Aber vielleicht werde Frankreich ja auch wieder vorher aus dem Turnier fliegen wie im Achtelfinale der EM 2020. „Da hat Sommer alles gehalten, was zu halten war.“

Für Deutschland

Alexander ist für Deutschland und Torwart Neuer. (Foto: Tino Künzel)

Etwas mehr als Radomir traut Alexander Tjapuschkin der deutschen Nationalelf bei der WM dann doch zu. Schließlich hätten die Deutschen „Klassespieler“ wie Sané, Kimmich und Gündoğan. Und mit Manuel Neuer einen der besten, wenn nicht den besten Torhüter der Welt.

Alexander ist Kapitän seiner U11-Mannschaft aus Sosnogorsk. Er findet, er habe einen guten Schuss und will natürlich Profi werden. Einstweilen scheint er alle Profis der Welt zu kennen, sei es nun der rechte Verteidiger von Athletic Bilbao oder der Mittelstürmer von Jenissej Krasnojarsk. Deshalb erwartet er, dass dies die WM der Spanier werden könnte. „Die haben mit Pedri, Gavi und Fati Riesentalente.“

Für Frankreich

Ilja ist für Frankreich und Torjäger Mbappé. (Foto: Tino Künzel)

Sein Freund Ilja Jerofejew tippt eher auf die Franzosen um Superstar Kylian Mbappé. Ob er aber überhaupt dazukommt, WM-Spiele zu sehen, weiß der Elfjährige noch nicht. „Ich gehe um acht Uhr morgens aus dem Haus. Dann sechs, sieben Schulstunden, Training, Hausaufgaben.“ Und ausreichend Schlaf braucht ein Fußballer ja auch noch.

Tino Künzel

Meiste  Sympathien für Serbien

In Abwesenheit Russlands haben die Russen bei der Fußball-Weltmeisterschaft vor allem Bock auf Serbien und Argentinien. Das ergab eine Online-Umfrage des Sportportals Championat.com, an der sich vor WM-Beginn 21.464   Menschen beteiligten. Für den traditionellen Verbündeten Serbien, der in Katar allerdings als einer der größten Außenseiter gilt, stimmten 26 Prozent. Weitere 23 Prozent wünschen Argentinien maximalen Erfolg, was viel mit Lionel Messi zu tun haben dürfte. Der 35-Jährige ist zwar siebenmaliger Weltfußballer und hat auf Klubebene alles gewonnen, doch Weltmeister war er noch nie. Das laufende Turnier ist sein letzter Versuch.

Größere Sympathien gelten in Russland auch den Nationalmannschaften Brasiliens (10%), Deutschlands (8%) und Portugals (7%). 52 Prozent gaben im Vorfeld der WM an, alle oder fast alle Spiele sehen zu wollen. Eine Umfrage des Boulevardblatts „Komsomolskaja Prawda“ kam etwa zur gleichen Zeit zu einem anderen Ergebnis. Laut Abstimmung auf der Webseite der Zeitung werden nur 16 Prozent die WM verfolgen. 48 Prozent meinten, ohne Russland sei das sinnlos, weitere 32 Prozent interessieren sich nicht für Fußball.

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Was macht eigentlich die russische Sbornaja? Da Russland auf Klub- und Nationalmannschaftsebene von sämtlichen internationalen Turnieren ausgeschlossen ist, werden hin und wieder Freundschaftsspiele bestritten. Dabei tritt die Elf von Nationaltrainer Waleri Karpin, der zu seiner aktiven Zeit fast 400 Spiele in der spanischen La Liga absolvierte, gegen die Hinterbänkler des Weltfußballs an. Mitte November gab es zwei 0:0 in Tadschikistan (Nummer 108 der FIFA-Weltrangliste) und Usbekistan (77). Russland (33) hatte in seiner WM-Qualifikationsgruppe H den zweiten Platz hinter Kroatien belegt. Zum Playoff-Spiel gegen Polen am 24. März kam es nicht mehr.

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