Wintergespräch der Helmholtz-Gemeinschaft

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte. Forscher und Politiker aus aller Welt versuchen darauf Antworten und Lösungen zu finden. Was in Deutschland und Russland getan wird, wurde auf dem Wintergespräch der Helmholtz-Gemeinschaft Anfang Februar in Moskau diskutiert.

Antje Boetius berichtet von den bisherigen Erkenntnissen der MOSAiC-Expedition. (Foto: Daniel Säwert)

Es ist ein eindrucksvolles Bild, dass Otmar Wiestler den Zuhörern am Abend des 6. Februar im Moskauer Hotel Baltschug zeichnet. Zur Eröffnung des Wintergesprächs der Helmholtz-Gemeinschaft zum Thema „Mehr von einander wissen, gemeinsam Horizonte erweitern“ spricht der Präsident von der Polarstern und der Akademik Makarow. Seite an Seite befanden sich der deutsche und der russische Eisbrecher Anfang November in den weißen Weiten der Arktis. Dort sind beide Schiffe im Rahmen der MOSAiC-Mission unterwegs, die neue Erkenntnisse über das arktische Eis und das Klima am nördlichen Ende der Welt sammeln will.

Für Wiestler ist es ein Symbolbild für deutsch-russische Zusammenarbeit bei der aktuell größten Herausforderung für die Menschheit – dem Klimawandel. Die Expedition zeige die „Schlagkraft“ internationaler Kooperationen, sagte Wiestler, der sich glücklich zeigt, dass deutsche und russische Wissenschaftler seit Jahren in der Klimaforschung zusammenarbeiten. Schließlich seien sie es, die gemeinsamen mit kreativen Köpfen, „am Ende des Tages“ die Forschung und damit die Menschheit voranbringen würden, so der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft.

Auswirkungen auf Natur, Mensch und Wirtschaft

Wie kann der Mensch seinen klimatischen Fußabdruck reduzieren? Dieser Frage ging Georg Teutsch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig in seinem Impulsvortrag nach. „Ausnahmejahre werden zum Normallfall“ warnte der Hydrologe auch mit Blick auf das Wetterrekordjahr 2019. Es war das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Menschen werden mit einer deutlich anderen Welt leben müssen. Und sie müssen sich anpassen. Am besten so schnell wie möglich. Denn eine frühzeitige Anpassung an die neue Realität sei einfacher und zudem billiger, als die Schäden kurzfristig zu reparieren, so Teutsch.

Sergej Guljew vom Moskauer Schirschow-Institut für Ozeanologie zeigte auf, wie sich der Klimawandel und insbesondere die Erwärmung der Ozeane auf Russland auswirkt. Vor allem die Permafrostregionen im russischen Norden seien betroffen, so der Klimaforscher. Hier werde zunehmend die Infrastruktur zerstört. Guljew betonte zudem die wirtschaftlichen Auswirkungen der Erwärmung. So sehen Russland, aber auch China, in der immer länger befahrbaren Nordostpassage auch eine Chance. Denn Rohstoffe und Waren könnten so eine Abkürzung nehmen und kostengünstiger transportiert werden. Guljew schränkte aber auch ein, dass der genaue Prozess des Klimawandels und seine Folgen noch schwer vorherzusehen seien. Allerdings, so die Forderung Guljews, dürfen Wissenschaftler nicht allein über Zukunftsstrategien entscheiden. Wichtig sei, auch die Politik einzubinden.

Neue Erkenntnisse und Modelle gefordert

Mit Blick auf die Klimaveränderung in der Arktis sprach Wladimir Katzow vom geophysikalischen Woejkow-Observatorium auf der Podiumsdiskussion „Arktis forschen, Zukunft sichern“ davon, dass man nicht dramatisieren, aber aufmerksam sein sollte. Bekannt sei, dass die Eiskappen an den Polen schmelzen. Zwar sehr langsam, dafür aber unaufhaltbar. Das Problem sei, dass die Arktis noch zu unerforscht sei, um eindeutig sagen zu können, wie sich die Schmelze auf das extreme Wetter in vielen Teilen der Welt auswirke, so Katzow. So seien bisherige Modelle ungenügend und würden sehr unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Katzow erinnerte daran, dass in der Sowjetunion Wissenschaftler auf Eisschollen ausgesetzt wurden, um die Strömung in der Arktis zu verstehen. So etwas sei heute nicht mehr möglich, da es diese Schollen nicht mehr gebe. Der Ausweg sei eine künstliche Scholle, so Katzow.

An einer Scholle festgemacht hat vor Kurzem das Forschungsschiff Polarstern im Rahmen der MOSAiC-Expedition. Mit einem Leuchten in den Augen berichtete Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts und an der Vorbereitung der Expedition beteiligt, dass die aktuelle Expedition sehr schnell neue Erkenntnisse liefern konnte. Und das nicht nur über das Eis, sondern auch die arktische Tierwelt. Das wichtigste sei, dass man mehr machen müsse, als nur an den Menschen zu denken, so Boetius. Zumal die Menschheit aus Erfahrung wisse, was passiert, wenn Arten für immer verloren gehen.

Einigkeit und Zusammenarbeit auch in der Politik

Auf der anschließenden Podiumsdiskussion „Globale Herausforderungen – Balance der (internationalen Interessen: Steuerung der Zukunft“ betonten deutsche wie russische Vertreter aus der Politik die gute Zusammenarbeit der beiden Länder in der Wissenschaft. Deutschland war und bleibe der wichtigste Partner, sagte der Berater des russischen Präsidenten Andrej Fursenko. Wolf-Dieter Lukas, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung hob hervor dass die Kooperationsbasis mit keinem Land so groß sei, wie mit Russland.

Grigorij Trubnikow, Erster stellvertretender Minister für Wissenschaft und Hochschulbildung sprach gar davon, dass sich die Länder „in der Zukunft“ der Beziehungen befänden. Dies liege daran, dass die Projekte auf 30 bis 40 Jahre angelegt seien. Einig seien sich beide über die Bedeutung des Klimawandels, betonten die Sprecher. Allerdings gebe es unterschiedliche Ansätze, so Fursenko. Auch Lukas sprach von unterschiedlichen Perspektiven und anderen Fragestellungen. Der „breite Blick“ sei aber notwendig, um Probleme zu lösen, so der Staatssekretär.

So steht am Ende des Abends in Moskau fest, dass das Problem des Klimawandels ist ein globales und kann nur gemeinsam angegangen werden. Wie das aber konkret aussehen kann, muss jedes Land selbst entscheiden.

Daniel Säwert

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