Weihnachten in Starosadskij

Die 1905 gebaute Kathedrale St. Peter und Paul ist auch heute das wichtigste Gotteshaus der Moskauer Lutheraner. Wladislaw Telegin, der kürzlich in die Pfarrstelle eingeführt wurde, erzählt der MDZ, wie er sich auf den neuen Dienst und aufs Weihnachtsfest vorbereitet.

Musikabende in St. Peter und Paul sind ein besonderes Erlebnis. (Foto: igor Beresin)

Man sollte die lutherische Kathedrale St. Peter und Paul in der Starosadskij-Gasse in Moskau dann besuchen, wenn da kein Gottesdienst oder Konzert stattfindet. Draußen eilen Moskauer zur Arbeit, ganz in der Nähe, auf der Marosejka-Straße, herrscht reger Verkehr und die leere Kathedrale ist im Gegensatz eine Insel der Ruhe und des Seelenfriedens.

Als der Autor dieses Textes die Kathedrale betrat, war sie allerdings nicht leer. Bereits in der Eingangshalle war aus dem Kirchensaal schöne Musik zu hören. Aha, eine Probe, da hängt ein Anschlag für ein Konzert frühbarocker Musik: Sänger, eine Laute, Streichinstrumente. Ein Klavichord darf auch nicht fehlen. Musikabende in der Adventszeit sind zu einer Tradition in der Peter-und-Paul-Kathedrale geworden. Anderthalb Wochen bis zum Weihnachten, eine besondere Zeit für die ganze lutherische Gemeinde in Moskau und diesmal vor allem für Wladislaw Telegin. Der 24-jährige Vikar war am Morgen auch in der Kirche. Er hat die MDZ liebenswürdigerweise in die Kathedrale eingeladen.

Predigt zum Weihnachtsfest

Wir sprechen mit Wladislaw in einem besonderen Moment seines Lebens: Nach zwei Jahren Vikariat steht er vor der Ordination. In diesem Zusammenhang hat Wladislaw gemischte Gefühle: „Da diese Gemeinde meine heimische ist, bin ich hier kein Fremder, aber gleichzeitig bin ich aufgeregt. Das ist ein verantwortungsvoller Dienst, ein öffentlicher Dienst, und damit sind meine Gemütsregungen verbunden.“ Dabei ist es eine Gemeinde der Kathedrale. „Sie ist größer als anderswo, du wirst mit ganz verschiedenen Menschen konfrontiert und der Pastor steht immer im Blickpunk aller Kirchenbesucher“, so Wladislaw weiter.

Wladislaw Telegin (Foto: Igor Beresin)

Bald wird er bestimmt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Es ist geplant, dass Wladislaw am 25. Dezember bereits als Pfarrer eine Predigt halten muss. Einmal hat er schon von der Kanzel gesprochen, und zwar zum Virgilfeier zu Ostern, aber das Weihnachtsfest ist etwas Besonderes. „In der Vorweihnachtszeit begann mein Leben in der Gemeinschaft. Ich erinnere mich daran, wie ich hierhergekommen bin und den Pfarrer Viktor Weber kennengelernt habe. Die Advente und Weihnachten waren für mich die Zeit des starken Lichtes. Wir alle müssen dieses Licht verbreiten. Das möchte ich gerne in meiner Weihnachtspredigt ansprechen.“

Auf Moskauer Art

Als Wladislaw über das Licht spricht, meint er allerdings nicht nur seelische Wärme, etwas Geistliches. „Wichtig ist auch das kleine Kerzenlicht in unseren Häusern. Wenn wir zum Fest zusammenkommen, können wir die anheimelnde Atmosphäre fühlen, das vereinigt die Gemeindemitglieder.“ Auch in der Kathedrale geht es nicht ohne Kerzen. Es ist bereits eine Tradition: „Am Heiligen Abend singen wir ‚Stille Nacht‘, eine Strophe auf Deutsch, eine auf Russisch, und zünden Kerzen an. Kinder, Erwachsene, alle sind dabei. Die Kerzen in den Händen der Kirchgänger und auf dem Altar leuchten, wir verbreiten das Licht und besiegen die Finsternis.“ Auch dieses Jahr wird es in der Kathedrale St. Peter und Paul hell und herzlich sein.

Wladislaw pflegt seit Jahren noch eine Familientradition: „Für mich ist Weihnachten nicht nur der Gottesdienst, sondern die Kommunikation. Meine Ehefrau und ich laden Gäste zu uns ein. Ein Gespräch am Tisch, der Austausch von Geschenken darf nicht fehlen.“ Nicht unbedingt sind alle Eingeladenen auch Gemeindemitglieder. Wladislaw glaubt, es sei die Zeit, in der man der ganzen Welt offenstehen muss. „Zu Weihnachten fühle ich mich viel freier. Die sozialen- und Altersgrenzen werden in dieser Zeit abgebaut.“

Himmlische Töne und strenge Ordnung

Von Mangel an Besuchern in der Starosadskij-Gasse kann in dieser Zeit keine Rede sein. Und dies ist auch eine Besonderheit der Kathedrale. Eine historische Orgel, ein großer Chor und namhafte Musiker, die in der Adventszeit in St. Peter und Paul spielen, locken viele in die Kathedrale. Wer aus anderen Gemeinden nach Moskau kommt, erzählt Wladislaw weiter, weist oft darauf hin, dass „bei uns in St. Peter und Paul alles so richtig geregelt ist und nach einem festen Plan abläuft. Aber darin spiegelt sich die unermessliche Harmonie wider“. Harmonie. Einen genauen Eindruck davon kann man hier bekommen: eine alte Kirche, ein junger Pfarrer, schöne Musik. Das alles passt so harmonisch zusammen.

Igor Beresin

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