Vergangenheit in Beton

Massive Formen, Funktionalität und viel Beton: Zwischen 1955 und 1991 wurde die Architektur in der UdSSR von der sowjetischen Moderne geprägt. Bis heute findet man in den postkommunistischen Staaten viele Gebäude in diesem Stil.

Der Grundstein für den Wohnkomplex „Aul“ wurde im Jahr 1986 gelegt. Die Fertigstellung des Hochhauses im kasachischen Almaty zog sich jedoch bis 2002 hin. (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Massive Formen, Funktionalität und ganz viel grauer Stahlbeton: Nach dem Tod von Josef Stalin hielt die architektonische Moderne auch in der Sowjetunion Einzug. Kommunistische Städtebauer studierten eifrig Fachzeitschriften aus dem Westen, korrespondierten mit Kollegen aus Polen, Ungarn und der DDR und entdeckten die Schriften von Architekturpionier Le Corbusier wieder, welcher schon Ende der 1920er Jahre das Land besucht hatte.

Der 22-stöckige Wohnturm „Romanita“ in der moldauischen Hauptstadt Chisinau. Der 1986 fertiggestellte Bau ist seit dem Ende der Sowjetunion in privater Hand. (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Als Geburtsstunde des sowjetischen Modernismus gilt der 4. November 1955. Damals verabschiedete das Zentralkomitee der kommunistischen Partei den „Beschluss über die Bekämpfung von Extravaganzen in Projektplanung und Bau“. Der pompöse und teure Prunkstil der Stalinzeit sollte ab sofort der Vergangenheit angehören. Statt Dekor und imperialem Kitsch musste möglichst schnell und preisgünstig Wohnraum geschaffen werden, um endlich die seit Jahrzehnten schwelende Wohnungsfrage zu lösen.

Das Verwaltungsgebäude des Ministeriums für Straßenbau in Tiflis, Georgien, wurde 1975 errichtet. Heute nutzt die Bank of Georgia die Räume. (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Überall schossen Fabriken und Kombinate für Fertigbetonbauteile aus dem Boden. Der Häuserbau wurde zunehmend industrialisiert und typisiert, die sowjetischen Städte nahmen ein einheitliches Aussehen an, individuelle architektonische Lösungen wurden immer seltener.

Das Kiewer Institut für wissenschaftliche und technologische Forschung aus dem Jahr 1971. In dem an ein Ufo erinnernden Bau befindet sich ein Vorlesungs- und Konzertsaal (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Doch wenn die Parteibosse sich nicht einmischten und ihren Architekten freie Hand ließen, gelangen auch immer wieder visionäre Entwürfe und architektonische Perlen.

Der Speisesaal des Erholungsheims des armenischen Schriftstellerverbandes. Die Einrichtung am Sewansee an der Grenze zu Aserbaidschan ging 1967 in Betrieb. (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Bis heute findet man diese inzwischen ziemlich in die Jahre gekommenen Zeugen der Moderne in den verschiedenen postsowjetischen Nachfolgestaaten.

Diese drei Wohnhäuser in der Nutsubidse-Straße im georgischen Tiflis werden durch Brücken verbunden. Die Anlage steht an einem Hang und wurde 1976 fertiggestellt. (Foto: instagram/ socialistmodernism)

Birger Schütz

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