Neues Schuljahr: Weniger Fremdsprachen, mehr Patriotismus

Der feierliche Auftakt des neuen Schuljahrs lieferte heute an den russische Schulen bereits einen Vorgeschmack davon, was alles anders wird. Ein Fahnenappell gehört nämlich ab sofort zum gewohnten Bild. Außerdem wird die zweite Pflichtfremdsprache wieder abgeschafft, weshalb viele Schulen keinen Deutschunterricht mehr anbieten werden. Ein Überblick über die Änderungen.

Fahnenappell in einer Moskauer Schule am 1. September 2022 (Foto: Olga Silantjewa)

Zweite Fremdsprache

Mit Beginn des neuen Schuljahrs am heutigen 1. September greift in Russland ein neuer staatlicher Bildungsstandard. Wichtigste Änderung ist dabei der Ausschluss einer zweiten Fremdsprache aus den Pflichtfächern. Die zweite Fremdsprache wurde mit dem vorhergehenden Bildungsstandard 2010 obligatorisch. Bis zum Ende des vorigen Jahrzehnts war sie an allen Schulen Russlands eingeführt. Dafür wurden Lehrprogramme, Lehrer und Lehrbücher vorbereitet. Das russische Bildungsministerium argumentierte noch 2018, dass die Kenntnis zweier Fremdsprachen eine Fähigkeit sei, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht.

Unter der jetzigen Bildungsreform leidet vor allem das Fach Deutsch. Es wurde am häufigsten als zweite Fremdsprache gelehrt. Innerhalb von fünf Jahren wuchs die Zahl der entsprechenden Schulen von 21 auf 40 Prozent. Diese Angaben sind in der Erhebung „Deutsch als Fremdsprache weltweit“ zu finden, die im Jahre 2020 vom Auswärtigen Amt vorgestellt wurde. Außer der deutschen Sprache als zweite Fremdsprache konnten noch Englisch, Französisch, Spanisch und Chinesisch erlernt werden.

Fahne und Hymne

Jede Unterrichtswoche beginnt von nun an mit einem Fahnenappell. Dabei singen die Kinder die Nationalhymne. Die russische Fahne wird von einer Bannergruppe herausgetragen und am Ende der Schulwoche wieder eingeholt. In der kalten Jahreszeit wird empfohlen, die Zeremonie in Innenräumen durchzuführen, in der warmen im Freien. Einmal im Jahr werden Unterrichtsstunden abgehalten, um über staatliche Symbole zu sprechen.

Alle Schulen in Russland bekommen 2022-2024 einen Fahnenmast. Dafür hat die Regierung etwa 1 Milliarde Rubel vorgesehen (ca. 16,5 Millionen Euro). (Foto: Olga Silantjewa)

„Gespräche über Wichtiges“

Montags steht nicht nur das Fahnenzeremoniell auf dem Programm, es gibt auch „Gespräche über Wichtiges“. Das ist die Bezeichnung für eine Klassenleiterstunde, in der es um Russland und seinen Platz in der Welt geht. Auch um Heimatliebe. Viele der in der Sowjetunion Aufgewachsenen erinnern sich, dass die Montage in den Schulen damals mit Politinformation begannen. Man musste einen Artikel aus der Zeitung aufbereiten und ihn im Unterricht nacherzählen. Die geistigen Väter der „Gespräche über Wichtiges“ versichern, dass es heute nicht so sein wird.

Die erste Schulglocke für die Schulanfänger (Foto: Olga Silantjewa)

Kinounterricht

Ab diesem Schuljahr werden die Schüler in der Unterrichtszeit Filme sehen und diskutieren. Nach dem russlandweiten Projekt „Kinounterricht in den Schulen Russlands“ zu urteilen, werden es nicht nur Filme über die patriotische Erziehung und die Geschichte des Landes sein. Auch Themen, die Kinder und Jugendliche bewegen, kommen vor. Speziell für dieses Projekt wurden bereits 44 Kurzfilme gedreht.

Olga Silantjewa

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: