Russische Avancen an Georgien

Russland hat angekündigt, den Flugverkehr mit seinem südlichen Nachbarn Georgien wieder aufzunehmen. Auch die Visumpflicht für Georgier wird abgeschafft. Damit wird das Auf und Ab in den bilateralen Beziehungen um ein Kapitel reicher.

Bald soll es von Moskau aus wieder Flüge nach Tiflis geben. (Foto: Tino Künzel)

Tiflis ist von Moskau genauso weit entfernt wie Berlin. Und noch etwas verbindet die georgische und die deutsche Hauptstadt: Beide sind für Russen mit dem Flugzeug nur auf Umwegen zu erreichen. Im Falle von Tiflis könnte sich das aber bald ändern. Der russische Präsident Wladimir Putin hat jetzt ein Verbot von Direktflügen aus dem Jahr 2019 außer Kraft gesetzt. Der damalige Erlass war mit antirussischen Protesten in Tiflis begründet und als „zeitweilig“ bezeichnet worden.

Gleichzeitig hebt Russland zum 15. Mai die Visumpflicht für Georgier auf. Sie war 2008 im Zuge des Fünf-Tage-Kriegs eingeführt worden. Seit der russischen Anerkennung von Abchasien und Südossetien unterhalten beide Länder auch keine diplomatischen Beziehungen mehr. Doch seit 2012 können sich Russen wieder visumfrei in Georgien aufhalten. Das hat nicht nur den Tourismus beflügelt. Im vergangenen Herbst gingen Bilder vom einzigen russisch-georgischen Grenzübergang um die Welt. Dort bildete sich eine kilometerlange Autoschlange, weil Tausende Männer aus Russland versuchten, sich vor der Mobilmachung ins südliche Nachbarland in Sicherheit zu bringen. Nach offiziellen georgischen Angaben siedelten 2022 mehr als 62.000 Russen nach Georgien um.

Wirtschaftsbeziehungen intakt

Dass Moskau nun im bilateralen Verhältnis auf Deeskalation setzt, kann als Reaktion auf die Zurückhaltung von Tiflis in der außenpolitischen Polarisierung verstanden werden. Zwar hatte sich die Regierung von Premier Irakli Gharibasch­wili („Georgischer Traum“) im Februar letzten Jahres erklärtermaßen an die Seite der Ukraine gestellt, sich aber den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen. 2022 war Russland der zweitgrößte Außenhandels­partner Georgiens nach der Türkei, Anfang dieses Jahres sogar der größte.

Seit der georgischen „Rosenrevolution“ von 2003 strebt das Land eine enge Westanbindung an. Bereits seit 2017 gilt Visafreiheit mit der EU. Die Beziehungen zu Russland waren in den zurückliegenden 20 Jahren meist spannungsgeladen und mitunter von tiefen Krisen geprägt. Nun hat das russische Verkehrsministerium angekündigt, schon demnächst würden sieben Flüge pro Woche nach Georgien eingerichtet. Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili kommentierte das mit einem Tweet, in dem von einer „weiteren russischen Provokation“ die Rede war.

Tino Künzel

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