Moskaus wilde grüne Lunge

Wenn man in Russland von Parks spricht, sind meist streng gepflegte Grünanlagen gemeint. Aber im Südwesten der Stadt gibt es auch nicht gestutzte Natur: im Waldpark Troparjowo.

Wenn man in Russland von Parks spricht, sind meist streng gepflegte Grünanlagen gemeint. Mit kurzem Rasen, einer Baumallee und bunten Blumenbeeten mit Rosen oder Stiefmütterchen in Bildform oder als Schriftzug des Viertels im Zentrum. Rund herum kleine Sitzecken, Sport- und Spielplätze, Toiletten und ein Häuschen des Wachdienstes. Außerdem gibt es noch die Variante der Vergnügungsparks mit derselben Ausstattung und einem Riesenrad und Karussells zusätzlich. Aber Moskau hat auch noch etwas wirklich Wildes zu bieten: den Waldpark Nikulino-Troparjowo im Südwesten der Stadt.

„Waldmannsheil”, liebe Moskauer Großstädter!

Wildes Dickicht im Waldpark Troparjowo / pl

Dieses grüne Stück Wildnis zieht sich in mehreren Teilen durch den gesamten gleichnamigen Stadtteil Troparjowo: beginnend mit dem kleinen Nikulino-Park direkt an der Metrostation Jugo-Sapadnaja, den zwei großen Teilen, der sogenannten „Landschaftsreserve” und der Erholungszone rund um die Station Troparjowo herum bis hin zum reinen Waldpark zwischen den Prospekten Wernadskogo und Leninskij.

Dieser ist übrigens ideal geeignet für einen Spaziergang zwischen dem sogenannten „Deutschen Dorf” der Deutschen Botschaft Moskau und dem Goethe-Institut Moskau. Zeitaufwand: mindestens eine Stunde.

Winter im Waldpark / pl

Der Troparjowo-Waldpark ist in den 60er Jahren gegründet worden. Auf dem Gebiet eines ehemaligen Klostergartens war 1961 ein Park zu Ehren des 22. Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion im selben Jahr angelegt worden. Damals hatte Generalsekretär Chruschtschow angekündigt, dass bis 1980 der Kommunismus in der Sowjetunion aufgebaut werden sollte. Im Anschluss an den Parteitag sind mehrere nach Stalin benannte Orte im Land umbenannt, Denkmäler abgebaut und dessen Leiche aus dem Mausoleum herausgetragen worden.

Auf dem Parkgelände entstanden ein runder Hauptplatz, sechs von ihm abgehende Alleen mit verschiedenen Baumarten und 15 kleine Plätze, die die 15 Sowjetrepubliken darstellen sollten. Dieser Teil, von dem heute nur noch der Hauptplatz und die sechs Alleen erkennbar sind, gehört nun zur „Landschaftreserve” Troparjowo.

Birken im Winterwaldpark / pl

Seit 2002 unterliegt das gesamte Gebiet dem Naturschutz. Trotzdem haben der zunehmende Ausbau der Gegend natürlich für Veränderungen gesorgt. Während es zur Gründungszeit der Grünanlagen sogar noch Elche in dem Wald gegeben haben soll, ist er heute vor allem von Vögeln, Eichhörnchen, Wieseln, Hasen und Maulwürfen besiedelt. Zu treffen sind sie beispielsweise bei einem ruhigen Frühlingsspaziergang entlang des Flüsschens Otschakowka zum großen Teich mit Enten, Schwänen und Badestrand.

Die Moskauer Anwohner nutzen ihre grüne Lunge zu allerlei Sport: Joggen, Radeln, im Winter Ski laufen oder einfach nur zum Spazieren mit der ganzen Familie. Ein Stück weiter, schon hinter der Metrostation Tjoplyj Stan findet alljährlich am 19. Januar auch die Eistaufe statt. Das restliche Jahr über ist der Waldpark vor allem denjenigen zu empfehlen, die sich nach unbearbeiteter Heide, Birken- und Kiefernwäldchen sehnen.

Peggy Lohse

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