Kaffeekultur im Geist der Zeit

Die Kaffeekultur erlebt weltweit einen Wandel. Finden lässt sich heute alles: von klassischen bis zu ungewöhnlichen Kaffeearten, von traditionellen Kaffeehäusern bis zu modernsten Cafés. Auch Moskauer Cafés versuchen, ihr Angebot und Format an das neue Lebenstempo anzupassen.

Drinkit im digitalen Format: keine Kassierer, smarte Pick-up-Zellen und E-Tablets zum Bestellen (Foto: estoclub)

Nur ganz wenige Cafés sind in der russischen Hauptstadt geblieben, die ausschließlich klassische Kaffeearten anbieten. Das ist vor allem auf die Konkurrenz zwischen den Lokalen zurückzuführen, die seit Jahren immer stärker wird. Insbesondere Jugendliche und Freelancer sind es, für die Cafés die beliebtesten Anziehungspunkte sind. Aber auch für viele Büroangestellte ist es inzwischen nahezu zu einer Tradition geworden, sich auf dem Weg zur Arbeit mal einen Kaffee-to-go zu besorgen.

So werden die Ansprüche an den Kaffee wie auch die Cafés in Moskau immer höher. Diese vier Orte könnten einem wohl am anschaulichsten vor Augen führen, was das heutige Leben in der Hauptstadt ausmacht. Und zwar schnelles Tempo, Anspruch der Einzigartigkeit sowie Digitalisierung.

IT-Café Drinkit

Drinkit ist ein Moskau-weites digitales Café in einem ungewöhnlichen Format. Nach den Worten der Gründer haben sie das Kaffeegeschäft neu gedacht und komplett digitalisiert.

Digital ist das Café aber nicht nur wegen der modernen App – eine solche haben mittlerweile viele in Moskau. Was den Ort ausmacht, ist die Möglichkeit, sein Getränk per App im Voraus zu bestellen und es danach von einem der Drinkits abzuholen. Die Orte verfügen über das sogenannte Smart Pick-up – eine in die Bar eingebaute Zelle, die den richtigen oder ausgedachten Namen und die Bestellnummer des Gastes anzeigt.

Dabei kann man im Café Getränke und Kreationen selbst für den erlesensten Geschmack entdecken. Darunter Matcha Latte mit Kollagen, Mokkakaffee mit Protein, Cappuccino und Latte mit Käseschaum. Die Gäste können ihrem Getränk sogar Meereskollagen, Vitamin D3 + K2 und Kakaoprotein hinzufügen. Auch die Milchauswahl ist riesig: von klassischer Kuhmilch über laktosefreie bis hin zu pflanzlicher Milch.

Interessant ist auch, dass Baristas hier nicht Bestellungen annehmen. Kassierer gibt es hier nicht, stattdessen spezielle Tablets.

Coffee Bean, erste Kaffeehauskette in Moskau und Raf-Erfinder (Foto: Coffee Bean)

Kaffee-Pioneer

Für viele Moskauer Kaffeeliebhaber älterer Generationen ist der Name Coffee Bean ein Begriff. Kein Wunder: Coffee Bean, eröffnet im Jahr 1996, ist die erste Kaffeehauskette in der Hauptstadt. Inzwischen umfasst sie 21 Kaffeehäuser in neun Städten Russlands. Einem Kaffee-verwöhnten Moskauer fällt das Café wohl nicht durch Originalität bei der Getränkeauswahl oder der Einrichtung auf – in diesem Sinne ist es recht klassisch.

Interessant ist, dass gerade bei Coffee Bean eine in Russland sehr beliebte Kaffeesorte auf den Markt gekommen ist: der sogenannte Raf-Kaffee. Das Getränk soll noch zwischen 1996 und 1997 entstanden sein. Rafael, einer der Stammgäste, soll einen Barista gebeten haben, ein neues Kaffeegetränk für ihn zu zaubern. Als Ergebnis soll ein Kaffeegetränk mit dem Namen „für Raf“ entstanden sein. Es war milder und süßer als normale Milchkaffeegetränke.

Später begannen Besucher, nach dem „Kaffee wie für Raf“ zu fragen. Nach und nach wurde der Name zu „Raf-Kaffee“ oder einfach „Raf“ verkürzt. Der Raf wird aus Espresso, Vanillezucker und Sahne hergestellt.

Ein Kaffee-to-go auf dem Weg zur Arbeit direkt unter der Erde (Foto: Pressedienst der Moskauer Metro)

Erstes Metro-Café

Die Moskauer Metro gilt mit den sie verzierenden Werken der angewandten Kunst als eine der schönsten der Welt. Derweil wird sie auch immer moderner: Neben den neu eröffneten Stationen erscheinen dort auch unterirdische Cafés.

Seit geraumer Zeit gibt es an einigen Stationen bereits die Büffets „M Café“. Nach 2014 beschloss die Metro, gegen die öffentliche Gastronomie an den Stationen vorzugehen. Allerdings ist derzeit ein gegenteiliger Trend zu beobachten: An der Station „Nischegorodskaja“ wurde vor Kurzem das erste Café der Moskauer Metro im Format eines Kaffeehauses eröffnet.

Das Café trägt keinen Namen und befindet sich mitten in der Station im offenen Format.

Käffchen direkt nach dem Shopping

Kaffee und Kuchen nach dem Shopping? Klingt im 21. Jahrhundert wohl als etwas Selbstverständliches. Fast jedes Einkaufszentrum beherbergt Food Courts, Restaurants oder Cafés. Wie wäre es aber mit einem Café direkt im Geschäft – und sogar mit Labels der von ihm verkauften Kleidung?

So gründete die russische Kleidungskette LIMÉ ihr erstes Café in einem der Einkaufszentren, wo sich auch ein Geschäft der Firma befindet. Dort können die Shopping-müden Gäste nicht nur einkaufen, sondern auch in gemütlicher Atmosphäre bei Kaffee und Dessert entspannen.

Das LIMÉ-Cafe bietet exklusive Getränke und Desserts, die sich laut den Gründern jede Saison ändern und die Hauptfarben der Kleidungskollektionen widerspiegeln.

Desserts in Farben der aktuellen Kleidungskollektion (Foto: Lime Cafe)

Kreativität kennt keine Grenze

Die Liste ungewöhnlicher Cafés in Moskau ist richtig lang. Auch Orte, die Getränke einfach zum Mitnehmen anbieten, lassen ihrer Fantasie keine Grenzen. So kann man in manchen Cafés Kaffee in einer 600-ml-Größe kaufen. Diese sind insbesondere bei Büroangestellten und Studenten sehr beliebt.

Andere Lokale können sich etwa mit Getränken wie Rote-Bete-Latte, Raf-Strudel oder „Kaffee nach sowjetischer Art“ rühmen. In Moskau gibt es auch ein Café mit deutschem Flair mit dem Namen „From Berlin“, wo Besucher die beliebte Carry Wurst, Berliner und ein so interessantes Getränk wie „Spicy Rum Cacao“ probieren können.

Viktoria Nedaschkowskaja

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: