Hoch über Moskau wird gefeiert

In Moskau wurde die Ausgangssperre gerade bis Ende Mai verlängert. Aber der 9. Mai wird trotzdem gefeiert. Zu Hause. Und in der Luft.

Eine russische Kunstflugstaffel bei einem anderen Jahrestag des Krieges. (Foto: Tino Künzel)

Diesmal wird der 9. Mai in Russland fast ausschließlich im privaten Rahmen begangen. Das ist ohnehin das Beste daran, was jeder bestätigen kann, der an diesem Tag schon einmal in russischen Familien zu Gast war, mit ihnen auf die Kriegsgeneration, auf ihre Angehörigen, den Frieden und die deutsch-russische Freundschaft angestoßen hat. Die öffentlichen Festveranstaltungen wurden wegen der Ansteckungsgefahr verschoben. Die Militärparade auf dem Roten Platz, der Gedenkmarsch „Unsterbliches Regiment“ – sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Doch das gilt nur für die Großereignisse am Boden. Den Programmpunkten in der Luft konnte das Virus nichts anhaben.

Am Vormittag, unmittelbar nach der Fernsehansprache von Präsident Putin um 10 Uhr, werden 75 Militärflugzeuge und -hubschrauber die Hauptstadt einmal von Nordwesten nach Südosten überfliegen. Diese Demonstration der russischen Luftwaffentechnik ist normalerweise ein Höhepunkt der Siegestagsparade. In diesem Jahr wird der Rote Platz allerdings leer bleiben. Auf wen die Flugshow unter diese Voraussetzungen überhaupt abzielt, ist nicht ganz klar. Wer nicht gerade einen Balkon in der Nähe des besagten Luftkorridors sein eigen nennt, wird sie vermutlich nur in den Nachrichten oder im Internet zu sehen bekommen.

Derartige Vorführungen sind morgen auch in 46 anderen russischen Städten geplant, allerdings in etwas bescheidenerem Umfang. So sind etwa in Rostow am Don nur 45 Fluggeräte im Einsatz, in St. Petersburg und Chabarowsk je 30. Aber in Moskau ist ja immer alles etwas größer. Doch selbst hier dauert der gesamte Überflug letztlich nur fünf Minuten. Über dem Roten Platz erfolgt er in einer Höhe von 150 bis 500 Metern. Wer sich dafür interessiert, welche Technik dabei genau zu sehen ist – am Ende des Artikels gibt es eine Grafik aus der „Komsomolskaja Prawda“.

Um den Piloten eine klare Sicht zu verschaffen, macht sich Moskau morgen auch wieder sein Wetter schön. Dafür werden in angrenzenden Regionen, woher der Wind weht, die Wolken mit Chemikalien beschossen, so dass drohender Regen schon dort fällt und die Hauptstadt davon verschont bleibt. Was sich ein wenig nach Science Fiction anhört, ist an bestimmten Tagen im Jahr gängige Praxis. So hat die Stadtregierung von Moskau in ihrem Haushalt für dieses Jahr 452 Millionen Rubel (etwa 5,5 Millionen Euro) eingeplant, damit die Moskauer am 1. und 9. Mai, am 12. Juni (Tag der Verfassung) und am 5. September (Stadtfest) nicht nass werden. Allerdings klappt das mit der Schönwettergarantie nicht immer. Vor einem Jahr, am 9. Mai 2019, war der Himmel über Moskau alles andere als blau. Damals musste die Luftwaffenparade wegen der niedrigen Wolkendecke und des starken Winds sogar abgesagt werden.

Am traditionellen Feuerwerk um 22 Uhr wird morgen ebenfalls nicht gerüttelt. In normalen Zeiten säumen dazu Hunderttausende Schaulustige die besten Aussichtspunkte am Siegespark oder auf den Sperlingsbergen. Viele werden das Spektakel vielleicht auch morgen zum Anlass nehmen, sich ein wenig Abwechslung von der Ausgangssperre zu gönnen.

Tino Künzel

Diese Flugzeuge und Hubschrauber nehmen an der Luftwaffenparade in Moskau teil. (Grafik: Komsomolskaja Prawda)
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