
Adam Kadyrow ist erst 15 Jahre alt, aber schon ein „Held von Tschetschenien“. Die Auszeichnung wurde ihm dieser Tage in der nordkaukasischen Republik verliehen, wo sein Vater Ramsan Kadyrow das Sagen hat. Der war es auch, der neulich ein Video veröffentlichte, in dem Adam bei der praktischen Anwendung seiner MMA- und Boxkampfkünste zu sehen ist. Er traktiert einen 19-jährigen Untersuchungshäftling mit Händen und Füßen. Der junge Mann wird beschuldigt, in ukrainischem Auftrag vor einer Moschee in Wolgograd einen Koran verbrannt zu haben. Für die Ermittlungen wurde er eigens ins muslimische Tschetschenien überstellt. Dort bekam er dann Besuch von Ramsan Kadyrow, der seinen Sohn mit ihm alleinließ.
Die folgende Prügelattacke sorgte russlandweit für Aufsehen. Doch für Kadyrow, der Tschetschenien seit 2007 regiert, sind die Szenen kein Skandal, im Gegenteil. Sein Sohn habe sich „richtig verhalten“, schrieb er zu dem Video, und er sei „ohne Übertreibung stolz“ auf ihn.
„Ein leuchtendes Beispiel“
Auch der tschetschenische Staatsduma-Abgeordnete Adam Delimchanow nahm Adam Kadyrow auf Telegram in Schutz. Der sei ein echtes Vorbild für seine Altersgenossen und habe im Übrigen ja Milde walten lassen, „indem er ihn am Leben ließ“. Die Ernennung seines „teuren Neffen“ zum „Helden von Tschetschenien“ nur wenige Tage später begrüßte Delimchanow mit solchen Worten: „Kein Zweifel, dass Adam Ramsanowitsch ein leuchtendes Beispiel für einen unbedingt fähigen, allseitig gebildeten und zielstrebigen jungen Menschen darstellt.“
Doch neben Adam hat Ramsan Kadyrow noch 13 weitere Kinder, die sich ab einem gewissen Alter ebenfalls für Auszeichnungen und neue Ämter empfehlen. So bekam etwa seine 20-jährige Tochter Chutmat im Sommer einen Orden, der nach dem ersten Präsidenten von Tschetschenien Achmat Kadyrow – Ramsan Kadyrows Vater – benannt ist. Es handelt sich um die höchste Auszeichnung in der Republik. Zur Begründung hieß es, Chutmat habe einen gewichtigen Beitrag zur Entwicklung der Medizin in Tschetschenien geleistet. Erst drei Monate zuvor war über ihre Ernennung zur Beauftragten für das Gesundheitswesen berichtet worden.
Schon früher mit dem Kadyrow-Orden ausgezeichnet worden war ihre ältere Schwester Chadischat (23). Sie leitet das Amt für die Vorschulbildung in der Stadtverwaltung von Grosny. Anfang Oktober wurde sie zum „Verdienten Mitarbeiter im sozialem Sektor“ ernannt.
Mit Anfang 20 Kulturministerin
Die älteste Kadyrow-Tochter Aischat (24) hat es bereits zur tschetschenischen Kulturministerin gebracht. Das war sie allerdings nur bis zu diesem Herbst. Inzwischen ist sie als Vize-Regierungschefin weiter die Karriereleiter nach oben geklettert. Neuerdings trägt sie darüber hinaus den Ehrentitel „Volkskünstlerin der Tschetschenischen Republik“. Auch in Moskau ist man schon auf Aischat Kadyrowa aufmerksam geworden. Per Präsidentenerlass wurde ihr der Orden „Für Verdienste am Vaterland“ zweiten Grades verliehen.
Kadyrows ältestem Sohn Achmat (17) gewährte Präsident Putin im Frühjahr eine Audienz im Kreml. Zuletzt wurde der junge Mann in Tschetschenien zum „Verdienten Mitarbeiter auf dem Feld der Jugendpolitik“ erklärt. Er ist seit einem Jahr Ratsvorsitzender der Regionalabteilung der Kinder- und Jugendbewegung. Dass Ramsan Kadyrows Kinder schon in ihrem Alter zu solchen Ehren kommen, mag irritieren. Aber mit Blick auf die lange Liste der Orden, Medaillen und Ehrentitel, die Kadyrow selbst angehäuft hat und deren Auflistung bei Wikipedia fast schon die Hälfte seiner Biografie ausmacht, liegt das wohl in der Familie.
Tino Künzel