Drei Gründe für ein „Ja“ zu Russland

Im Archiv der MDZ findet sich ein Artikel über das zehnjährige Firmenjubiläum des deutschen Unternehmens INTERPONT: Eine lustige Feier auf einem Dampfer die Moskwa entlang war das damals, im Jahr 2004. Mit welchen Gedanken wird heute das 25-jährige Jubiläum angegangen? Wir sprechen mit Gründerin und Geschäftsführerin Anke Pötzsch über den Markt und die Sanktionen.

25 Jahre ist das Unternehmen am Markt. Wir gratulieren Ihnen ganz, ganz herzlich! Mit welcher Stimmung feiern Sie dieses Jubiläum?

In erster Linie bin ich überaus glücklich. Jedoch bin ich auch von Stolz erfüllt – besonders über die erreichte Stabilität unseres Unternehmens. Wenn man zurückblickt und sich erinnert, wie es früher war, wird klar, was es zu durchleben galt, um das Heutige zu erreichen. Da waren nicht nur eine Krise und nicht nur Sanktionen, sondern ein Berg verschiedenster unerwarteter, nicht planbarer Situationen und Schwierigkeiten, die man hier, in Russland, zu bewältigen hatte. All diese Erfahrungen machen INTERPONT reich und es zeigt, dass es sich lohnt, immer mit einem positivem Ansatz nach vorn zu blicken. Diese Freude ist gut nachvollziehbar, aber soweit mir bekannt ist, planen Sie keine große Feierlichkeit, unter anderem wegen den Sanktionen.

Laut AHK-Umfrage sprechen sich 92 Prozent der Befragten gegen die Sanktionen aus, da diese sich negativ auf das Geschäft auswirken. Was meinen Sie dazu?

Ein Jubiläum ist nicht unbedingt eine Party, es ist Gemütszustand bzw. das, was wir in uns fühlen. Ich bin dafür, unser stabiles Wachstum zu festigen, um meinen Mitarbeitern und Kunden auch in den nächsten 25 Jahren eine gesicherte Basis zu bieten. Deshalb lassen wir in diesem Jahr den großen Festschmaus mit Ochsen am Spieß weg. Was die Sanktionen betrifft, so votiere ich mit einem klaren Nein! Ein Teil unserer Kunden kann ein leichtes Wachstum verbuchen; es bewegt sich etwas. Trotz allem ist der Einfluss der Sanktionen in einigen Bereichen stark spürbar und alle hoffen und beten, dass zeitnah ein Agreement erzielt wird, durch welches die Sanktionen gestrichen oder zumindest stark abgeschwächt werden. Die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland müssen wieder so werden, wie sie einst gelebt wurden.

In Zeiten wie diesen wird oft das Budget gekürzt, zum Beispiel fürWerbung und Marketing. Wie sieht das mit Dienstleistungen und Beratung aus? Gibt es da auch Kürzungen?

Egal, wie die Zeiten sind, Steuerund Rechtsberatung wird immer benötigt. Als Berater kennt man seine Kunden, alle starken und schwachen Stellen. Wir sind immer da und helfen operativ. Dafür werden wir geschätzt.

Markteintritt nach Russland, Lokalisierung der Produktion. Ihre Firma hat Erfahrung in diesem Bereich. Was wurde in den letzten Jahren besser?

Die ersten Werke haben wir 1996/97 mit aufgebaut. Unser Team reiste in die Regionen, zum Beispiel nach Kaluga, Nischnij Nowgorod oder Lipezk. Da stand die eine Fläche unter Wasser, die andere hatte keine Zufahrtswege, die dritte war noch nicht privatisiert. Immer etwas Neues. Höchst langwierige und komplizierte Verhandlungen mit den Zulieferern für Strom und Gas. Oft reichten die Ressourcen nicht für das Vorhaben. Meine roten Haare wurden damals grau.

Heute ist das zwar alles viel einfacher und trotz allem werden wir als Berater hinzugezogen: Verhandlungen mit den Administrationen, Prüfung der Investitionsverträge, Steuersenkungen. Oder wir kümmern uns um den Erhalt der entsprechenden Projektierungsoder Baugenehmigungen. Momentan begleiten wir zwei große Bauprojekte deutscher Firmen. Ein sehr positiver Ansatz für alle.

Können Sie drei Gründe nennen, warum man zu Russland „Ja“ sagen sollte?

Natürlich! Diese Frage bekommen wir sehr oft gestellt. Erstens wäre das riesige Potential zu nennen, das Russland nach wie vor zu bieten hat – für alle Geschäftsbereiche und Branchen. Zweitens ist die einfache Expansion in andere GUS-Staaten möglich. Drittens gibt es logistische und steuerliche Vorteile. Russland ist nicht nur ein Land auf der Landkarte, sondern uns verbindet viel, viel mehr als wir alle wissen. Dies kann jedes Unternehmen für sich nutzen.

Ihre Kunden sind in erster Linie mittelständische Unternehmen. Arbeiten Sie auch mit kleineren Firmen zusammen?

Ja, wir begleiten etwa 65 Prozent deutsche mittelständische Unternehmen. Die anderen Firmen kommen aus der EU und anderen Ländern der Welt. Internationale Konzerne machen etwa fünf Prozent unserer Kunden aus. Seit etwa drei Jahren unterstützen wir auch Start-ups – sowohl in Russland als auch in Deutschland. Kleine Unternehmen in Russland wenden sich ebenfalls an uns. Das sind dann jedoch zum Beispiel Beratungsfirmen, die von Deutschen gegründet wurden, die nicht mehr in ihre Ursprungsheimat zurück möchten.

Warum wählen die Kunden Ihre Firma?

Ich denke, der Hauptgrund ist, wie ich eingangs schon sagte, die Stabilität. Wichtig ist es jedoch auch, innovative Wege einzuschlagen, entsprechendes Mitarbeiterengagement und unbedingte Ehrlichkeit. Es wird nichts beschönigt. Meine persönliche Präsenz, meine Sprachkenntnisse und
mein Statement „Zu Russland immer wieder ‚Ja‘ sagen“ werden auch in Jahrzehnten noch für viele Firmen die Vertrauensbasis sein, welche sie sich für ihre Geschäftsentwicklung wünschen. Davon ist unser Team überzeugt.

Die Fragen stellte Igor Beresin.

Eine deutsche Unternehmerin in Russland

Die gebürtige Sächsin Anke Pötzsch erlebte die deutsche Wiedervereinigung als Studentin in Russland – und sie blieb dort. Ihr erstes eigenes Unternehmen war Anfang der 1990er eine Schneiderei für Mode in großen Größen. Das hatte sie vor allem gegründet, um ihr Studium in Moskau zu finanziern. Ihr Wissen über Firmengründungen kam ihr bald zugute, als sie von der Frankfurter Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Weltbank als Beraterin angestellt wurde. Sie arbeitete für TACIS, eine damalige EU-Organisation, die die wirtschaftliche Entwicklung osteuropäischer und zentralasiatischer Staaten unterstützte. Ihre Kontakte zu russischen Behörden,Verbänden und Banken waren schließlich der Grundstein für ihr Unternehmen Interpont, das sie 1994 gründete. Dieses hat heute über 100 Mitarbeiter und Niederlassungen in Russland, der Ukraine, Polen, Kasachstan, China und Deutschland. Die Kunden sind vorwiegend mittelständische Unternehmen aus Deutschland, die Unterstützung beim Markteintritt in Russland suchen. Interpont hilft ihnen bei Firmengründungen, beim Aufbau von Produktionen und Vertriebsstrukturen sowie bei der Suche nach Zulieferern. Ebenso gehören Rechts- und Steuerberatung sowie Hilfe bei der Beschaffung von Visa und Arbeitsgenehmigungen zum Portfolio des Unternehmens. Die Kunden schätzen dabei, dass alles aus einer Hand kommt.

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