Direktor des Russischen Hauses in Berlin: „Wir machen weiter, solange es möglich ist“

In den letzten Monaten stand das Russische Haus der Wissenschaft und Kultur in Berlin, besser bekannt als Russisches Haus, im Mittelpunkt von Skandalen. An die Stelle der Proteste außerhalb der Mauern sind Vorschläge zur Untersuchung der Aktivitäten des Instituts unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaft getreten. Die MDZ sprach mit Pawel Iswolski, dem Leiter des Russischen Hauses, über die heutige Situation.

Das Russische Haus in Berlin (Foto: Igor Sarembo / RIA Nowosti)


Beginnen wir mit den letzten Neuigkeiten. Haben Sie von der Berliner Staatsanwaltschaft eine Benachrichtigung erhalten, dass gegen die Tätigkeit des Russischen Hauses ermittelt wird?

Wir haben keinerlei Benachrichtigungen erhalten. Wir wissen dasselbe wie Sie aus den Nachrichten – ein ehemaliger Abgeordneter der Grünen hat einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Aber wir haben keine Fragen oder Anfragen erhalten.

Was ist mit den Konten? Es hieß, sie seien gesperrt?

Das kann ich nicht kommentieren. Sagen wir es mal so, es gibt gewisse Einschränkungen in der Arbeit. Wir stehen in Kontakt mit offiziellen deutschen Behörden, mit der Bundesbank und anderen Banken. Das Leben geht weiter, aber wir haben einige Schwierigkeiten.

Das Russische Haus hat im September seine Tätigkeit wiederaufgenommen. Nach dem Februar blieben die Türen aus Gründen der Sicherheit geschlossen. Was haben Sie währenddessen gemacht? Gab es den Wunsch, alles hinzuschmeißen?

Nein, solche Gedanken sind uns nicht gekommen. Unser Haus ist sehr groß, es gibt viele Fragen in wirtschaftlichen Angelegenheiten und viele organisatorische Momente. Ja, im März und April hatten wir aus Sicherheitsgründen geschlossen, dann folgte die traditionelle Sommerpause, und im September haben wir wieder aufgemacht. Für die Vorbereitung der Wiedereröffnung brauchten wir den ganzen Sommer.

Mussten die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden?

Unsere Sicherheitsmaßnahmen entsprechen dem Standard. Am Eingang sitzt die Wache, steht der Sicherheitsrahmen, werden die Sachen kontrolliert. Das ist alles, was mit äußerer Sicherheit zu tun hat. Dafür ist die Berliner Polizei verantwortlich. Wir verlassen uns hundertprozentig auf ihre Professionalität.

Gibt es im Inneren Ihres Teams irgendwelche neue Regeln?

Wir haben mit den Kollegen darüber gesprochen, wenn im Haus unbemerkte Bebobachtungen, ich würde es so formulieren, unbegründete Ausfälle gestartet werden, dann haben wir kein Recht, uns provozieren zu lassen. All diese Handlungen Dritter zielen auf die Behinderung unserer Arbeit und auf die Einschüchterung unserer Besucher einschließlich der Kinder ab.

In der derzeitigen Situation ist es am wichtigsten, dass die kulturellen Brücken zwischen unseren Ländern keinen Schaden nehmen. Diejenigen, die sie zerstören wollen, sagen, dass die Kultur von der Politik nicht abseitsstehen darf. Aber wir sind eine Kultureinrichtung und widmen uns ausschließlich der Kultur. Für die politischen Fragen gibt es zum Beispiel die Botschaft Russlands in Deutschland. Mir scheint, dass die Leute, die für die Abschaffung der russischen Kultur sind, nicht nach vorn sehen, nicht an die Zukunft denken. Wir werden so lange unsere Arbeit weitermachen, solange es möglich ist. Ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit nicht unterbrochen wird.

Pawel Iswolski (Foto: Wladimir Schirokow / Das Russische Haus in Berlin)


Sie sprachen von Einschüchterung der Kinder. Was meinen Sie damit?

Die Rede ist von zwei Vorfällen. Am 29. November kam Väterchen Frost aus Welikij Ustjug zu uns. Die Stadt hatte einer Aktion zugestimmt, die gegen diese Kinderveranstaltung gerichtet war, was unserer Meinung nach unzulässig ist. Sich als Väterchen Frost mit blutigen Händen zu verkleiden und zu schreien, er sei ein Sponsor des Terrorismus! Das ist übertrieben, ist eine nicht adäquate Reaktion auf eine absolut normale Kinderveranstaltung.

Der zweite Vorfall: Bei uns läuft jetzt der Film „Tscheburaschka“. Volle Kinosäle. Den Film haben über viertausend Zuschauer im Russischen Haus gesehen. Nach einer Vorführung haben Leute von der Straße die Eingänge ins Haus blockiert und Beleidigungen geschrien, die gegen die deutsche Gesetzgebung verstoßen. Wir haben die Polizei darüber informiert.

Sind Sie mit der Reaktion der Polizei zufrieden?

Die Berliner Polizei reagiert immer perfekt, das ist eine unvoreingenommene professionelle Dienstausübung. Wir sind ihr sehr dankbar.

Die deutschen Medien beschuldigen Sie, dass Sie weiterhin Unterhaltungsveranstaltungen durchführen. Das Goethe-Institut, mit dem man Sie vergleicht, konzentriert sich nur auf Sprachkurse und die Bibliothek. Warum lassen Sie nicht nur die Kurse weiterlaufen?

Unterhaltungsveranstaltungen haben wir nicht. Unser Programm umfasst jetzt ein Viertel von 2019, dem Jahr vor der Pandemie. Jemand schrieb, dass im Russischen Haus Komödien gezeigt werden. Das ist nicht wahr, sie haben die Programmplakate nicht richtig angeschaut.

Was das Goethe-Institut betrifft, so hat es eine andere Aufgabe als wir. Unser Haus darf nicht leer stehen und die kulturelle Zusammenarbeit muss weitergehen. Im Frühjahr schrieben uns unsere Besucher andauernd, fragten, wann wir wieder öffnen werden. Die Rede ist nicht nur von Russischkursen, Zirkeln und Studios, sondern auch von Filmvorführungen und Theaterstücken. Theateraufführungen gibt es übrigens viel weniger und mehr noch, die angespannte Situation beeinträchtigt die Arbeit. Jetzt ist auch die Logistik schwierig, etwas hierherzubringen ist eine langwierige Geschichte. Ende Januar, Anfang Februar war eine Reihe von Einmannstücken geplant, die wir jedoch abgesetzt haben. Der Schauspieler aus Petersburg teilte mit, dass er es in der jetzigen Situation nicht für möglich hält zu kommen.

Haben Sie versucht, eine Erklärung abzugeben?

Ich habe verschiedene Interviews gegeben. Wir machen Gegendarstellungen, wenn wir eine empörende Verzerrung der Fakten sehen. Ich sehe keinen Sinn darin, zusätzlich in Erscheinung zu treten. In vier führenden Berliner Zeitungen erscheinen nahezu täglich Beiträge über das Russische Haus, so dass, wenn ich mit ihnen polemisieren würde, sich meine Arbeit in einen endlosen Briefwechsel verwandeln würde.

Sind russische Sprachkurse jetzt gefragt?

Ja, die Anzahl der Kursteilnehmer ist sogar gestiegen. Bei uns lernen 600-700 Personen, einschließlich der Kinder. Da gibt es auch das russische College, wo die Fächer in Russisch unterrichtet werden, und die Sprachkurse eben. Während der Pandemie begannen wir mit dem Online-Unterricht, den wir auch jetzt fortsetzen.

Das Interview führte Ljubawa ­Winokurowa

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