Russland-Touren von Deutschen: Neuer Anlauf im nächsten Jahr

Die Pandemie hat viele Reisepläne für Russland über den Haufen geworfen. Dabei waren auch einige, die so nicht im Reisebüro zu buchen sind. Hier schildern drei Deutsche, wie sie mit der Absage ihrer Touren umgehen.

Auf der Landkarte ist es gut zu sehen: Russland ist ein ganz besonderes Reiseland. (Foto: Tino Künzel)

Mit dem Rad von Wladiwostok nach Dresden

Wolfgang Mager (67), Ruder-Olympiasieger von 1972 und 1976 aus Reichenbach in Ostsachsen, wollte am 1. Mai mit dem Rennrad von Wladiwostok starten, um nach 100 Tagen an der Frauenkirche in Dresden einzutreffen. Die „Tour Respekt“ sollte im Zeichen von Frieden, Völkerverständigung und Fairness stehen. Unterwegs waren Pressekonferenzen in 15 großen russischen Städten geplant. Doch es kam anders.

„Am Karfreitag wollte ich mit meinem Team, einem Wohnmobil und einem Transporter aus Bischofswerda nach Wladiwostok aufbrechen. Eine große Verabschiedung von Familienangehörigen, Freunden und Firmen war geplant. Doch gut einen Monat vorher wurde die Grenze zu Polen geschlossen und in Moskau musste man nach Ankunft in eine 14-tägige Quarantäne. Da glaubten wir noch, der Spuk sei in ein oder zwei Monaten vorbei.

Mein tägliches Radtraining habe ich fortgesetzt, so auch am 19. März. Ich wollte eine 130-Kilometer-Strecke absolvieren, doch nach 63 Kilometern war alles vorbei. Ein Transporter übersah mich in voller Fahrt auf der Landstraße. Mit einer Ringbeckenfraktur, gebrochenen Rippen, Verletzungen an Knie, Schulter, Schlüsselbein, Halswirbelsäule und Kopf war die Universitätsklinik Dresden für mich Endstation. Mein Radhelm war ein Trümmerstück, ich hatte zum Glück überlebt – mit Schmerzen ohne Ende und Tränen. Die Tour Respekt, auf die wir zwei Jahre hingearbeitet hatten, war spätestens jetzt für 2020 endgültig gelaufen.

Wolfgang Mager hält trotz Unfall und Corona an seiner Russland-Radtour fest. (Foto: Privat)

Aber als ehemaliger Olympiasieger und Weltmeister im Rudern werde ich deshalb nicht aufgeben. Nachdem ich wieder Laufen gelernt habe, sitze ich inzwischen auch wieder auf dem Rad. Besonders habe ich mich über alle meine Freunde und Unterstützer gefreut, welche mir sehr viel Mut und Hoffnung zugesprochen haben. Keiner hat dieses großartige Projekt bisher verlassen. Die Tour Respekt wird im kommenden Jahr ein erfolgreiches Ende für alle Beteiligten finden. Ich möchte damit einen kleinen Beitrag zu den wirtschaftlichen, kulturellen und touristischen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland leisten. Inzwischen haben mir weitere Personen aus der Wirtschaft und Kultur signalisiert, sich mit mir gemeinsam für ein respekt- und vertrauensvolles Verhältnis zwischen unseren Ländern einsetzen zu wollen.“

Mit dem Motorrad von Chemnitz nach Wladiwostok

Für Sven Drexler (48), Speditionskaufmann aus Chemnitz in Westsachsen, sollte dieser Sommer etwas ganz Besonderes werden. Mit dem Motorrad wollte er zusammen mit einem Freund nach Wladiwostok und zurück fahren. Und nun?

„Ich bin schon seit meinem 14. Lebensjahr auf zwei Rädern unterwegs. Ab dem 5. Juli war nun diese große Tour nach Wladiwostok geplant gewesen: 28.000 Kilometer in zehn Wochen. Ich hatte extra 41 Urlaubstage angespart. Der Rest wäre unbezahlter Urlaub gewesen. Als Streckenführung hatten wir uns vorgenommen: Chemnitz, Moskau, Baikalsee, Wladiwostok, Mongolei, Altai-Gebirge, Pamir-Gebirge, Wolgagebiet, Ukraine, Tschechien, Chemnitz. Im März wollten wir die Visa beantragen. Aber zu dem Zeitpunkt wurden bereits keine mehr ausgestellt. Auch unsere Reise ist dem Virus zum Opfer gefallen.

Sven Drexler hofft, dass er mit seiner Suzuki V-Strom 1000 doch noch bis Wladiwostok kommt. (Foto: Privat)

Der Schaden hält sich in Grenzen. Unterkünfte hatten wir im Voraus keine gebucht. Investitionen in die Ausrüstung sind auch weiterhin gut angelegtes Geld. Einzig unser Charity-Projekt, mit dem wir 0,10 Euro pro Kilometer für die Stiftung Off Road Kids einspielen wollen, leidet, da wir kein Geld sammeln können. Noch nicht. Denn aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Neuer Termin für die Fahrt quer durch Mütterchen Russland ist vom 19. Juni bis 29. August 2021. Die Vorfreude ist nach wie vor da. Und sie wird immer größer.“

Im Kleinbus durch Nordrussland und Norwegen

Christian Tiffert (43) aus Rostock, seit einem Sturz mit dem Rad vor acht Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen, hatte sich eine weitere ausgedehnte Tour durch Russland mit dem Kleinbus vorgenommen – so wie zuletzt jedes Jahr. Auch diese Reise soll nun 2021 stattfinden. „Ich habe vor drei Jahren meine Liebe zu Russland entdeckt. Damals reiste ich entgegen aller Ratschläge 8000 Kilometer quer durch den europäischen Süden Russlands.

Am Ende seiner letzten Russlandreise hielt Christian Tiffert im Oktober 2019 einen Vortrag vor deutschen Rotariern in Moskau. Nun muss er notgedrungen eine Pause einlegen. (Foto: Tino Künzel)

Auch für dieses Jahr war wieder eine interessante Reiseroute geplant. Im Juli sollte es in St. Petersburg losgehen. Von dort aus wollten wir bis nach Murmansk. Wie auch im letzten Jahr waren Treffen mit anderen Rollstuhlfahrern und sozial engagierten Menschen geplant. Nachdem wir die Halbinsel Kola erkundet hätten, wäre es weiter nach Norwegen bis zum Nordkap, dem nördlichsten Punkt Europas, gegangen. Über Tromsö und Trondheim hätte diese Reise dann nach drei Wochen in Oslo ihr Ende gefunden. Auch in Norwegen waren der Besuch von sozialen Einrichtungen und Vorträge vorgesehen.

Dass die Reise leider verschoben werden musste, gab mir die Zeit, bei der Umsetzung des Projektes „In your Mocassins“ von Janina Urussowa zu helfen, einer Interviewreihe auf YouTube. So habe ich auch in diesem Jahr einen Weg gefunden, Brücken zwischen Menschen mit und ohne Handikap und von unterschiedlicher Nationalität zu bauen.

Ich freue mich schon auf die vielen spannenden Begegnungen auf meinen nächsten Reisen durch Russland.“

Tino Künzel

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