Rund 150 Filme aus 41 Ländern standen auf dem Programm des diesjährigen Filmfestivals Cottbus, das sich auf die Vorführung osteuropäischer Filme spezialisiert. Darunter sind auch drei Filme russischer Autoren: „A Shaman’s Tale“ von Beata Bubenets, „When We Return“ von Vladimir Nepevny und „An Ordinary Life“ von Alexander Kuznetsov. An einem der Tage fand eine Paneldiskussion „Zwischen den Stühlen – Reflexionen über Russland“ statt. Zu den Teilnehmern gehörten die die Regisseure der ersten beiden Filme und der Menschenrechtsaktivist und ehemalige Direktor des Sacharow-Zentrums (in Russland ein „ausländischer Agent“) Sergej Lukaschewski.
Beata Bubenetz und ihr Film „A Shaman’s Tale“
Beata Bubenets, die heute in Paris lebt, wurde durch ihre Filme über die Ereignisse in der Ukraine 2013-2015 und den Wahlkampf von Ksenia Sobtschak im Jahr 2018 bekannt. Der Film „A Shaman’s Tale“ ist die Geschichte des selbsternannten Schamanen Alexander Gabyshev. 2019 wollte er von seiner Heimat Jakutsk nach Moskau wandern, um „die Macht des Volkes wiederherstellen“. Bubenets und ihr Co-Autor Mikhail Bashkirov begleiteten den Schamanen auf allen Etappen – vom Auftauchen der ersten Anhänger bis zur Verhaftung. Die Mission endete traurig. Gabyshev wurde für unzurechnungsfähig befunden und zur Zwangsbehandlung in eine Klinik eingewiesen.
Vladimir Nepevny und sein Film „When We Return“
Vladimir Nepevny wurde in Odessa geboren und hat in Russland Dokumentarfilme gedreht – Porträts von Künstlern, Musikern und Schriftstellern. Jetzt lebt er in Israel. Sein Film „When We Return“ zeigt eine bewegende persönliche Geschichte. Der Regisseur versucht, seine Eltern und die Familie seines Bruders von Odessa nach Deutschland zu bringen. Gleichzeitig dokumentiert er seine Videotelefonate mit seinem Sohn, der in St. Petersburg geblieben ist und die „Sonderoperation“ unterstützt. Dieser Film ist auf der Plattform Best Documentary Films (guidedoc.tv) zu sehen. Es ist ebenfalls unwahrscheinlich, dass der Film von Beata Bubenets in Russland im Fernsehen gezeigt wird. Nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer sind Internetplattformen bisher die einzige Möglichkeit, die Zuschauer in Russland zu erreichen.
Zensur und Isolation
Bei dem Treffen sprach man darüber, ob es überhaupt möglich ist, in Russland Antikriegs-Dokumentarfilme zu drehen und sie auf Festivals zu zeigen. Ein erfolgreiches Beispiel, so Beata Bubenets, sei der Film „The Shards“ von Masha Chernaya. Dieser (in Georgien und Deutschland produzierte) Film nahm am Programm des Doclisboa-Festivals in Portugal in der Sektion „International Competition“ teil und gewann. Die Regisseurin erzählt darin, wie sie sich auf die Ausreise aus Russland vorbereitete. Sie erzählt auch über ihre Freunde – junge Leute, die in Russland geblieben und in den Untergrund gegangen sind. Sergej Lukaschewski zufolge gibt es trotz Zensur und Repression in Russland immer noch Filme, die es wert sind, gesehen zu werden und Bücher, die es wert sind, gelesen zu werden.
Die Diskussionsteilnehmer stellten fest, dass sich unabhängige russische Dokumentarfilmer heute in einer doppelten Isolation befinden. Beata Bubenets räumte ein: „Einerseits werden wir in unserem eigenen Land unterdrückt, und andererseits werden wir als Russen von internationalen Institutionen diskriminiert“. Vladimir Nepevny fügte hinzu, dass er als Israeli dreifach isoliert sei.
Trotz alledem wurden einige Filme russischer Regisseure auf internationalen Festivals gezeigt. Ein weiteres Beispiel ist Anastasia Trofimovas Film „Russians at War“. Dieser als kanadische Produktion geltende Film wurde vor Kurzem erfolgreich auf den Festivals in Venedig, Toronto und Zürich gezeigt. Allerdings nicht ohne Skandal.
Ira Posrednikowa, Anna Malgina