Die „Kraft Sibiriens“ für den Drachen

Russisches Gas soll künftig unter anderem durch die Mongolei nach China fließen. Gazprom beginnt mit den Planungen für die neue Pipeline „Sila Sibiri 2“. Der Bau einer direkten Leitung über das Altai-Gebirge ist damit vom Tisch. Woher kam der Sinneswandel?

Pipeline Mongolei
Bestehende und geplante Gaspipelines im Osten Russlands

„Kraft Sibiriens“ heißt die Pipeline, die seit 2019 russisches Gas nach China befördert. Der Staatskonzern Gazprom hat sich gegenüber der China National Petroleum Corporation (CNPC) verpflichtet, für 30 Jahre eine Menge von 38 Milliarden Kubikmeter des Rohstoffs pro Jahr zu liefern. „Sila Sibiri“, wie das Projekt auf Russisch genannt wird, soll nun Gesellschaft bekommen. Alexej Miller, Vorstandsvorsitzender von Gazprom, teilte Anfang September mit, dass das Unternehmen mit den Planungen für die Gaspipeline „Sila Sibiri 2“ begonnen habe.

Entgegen früherer Planungen soll die neue Leitung nun von Westsibirien aus über die Mongolei nach China führen. Mit dem Transitland soll eine gemeinsame Planungsgesellschaft gegründet werden.

Altai-Pipeline ist vom Tisch

China hatte eine direkte Führung über das Altai-Gebirge favorisiert. Die stand jedoch sowohl wegen der hohen Baukosten als auch aus Gründen des Naturschutzes in der Kritik. Die Trasse hätte das Gebiet der Goldenen Altaiberge gequert, die den Status eines UNESCO-Welt­erbes genießen.

Alexej Miller zufolge soll es eine Hauptaufgabe von „Sila Sibiri 2“ sein, die Gasversorgungssysteme im Westen und Osten des Landes miteinander zu verbinden. Das ergebe neben dem Export nach China auch neue Perspektiven für die Versorgung der Regionen im Osten Sibiriens.

Fehlt „Sila Sibiri 1“ das Gas?

Für die Verbindung zwischen beiden Gasleitungen, die in früheren Entwürfen nie vorgesehen war, könnte es jedoch noch einen ganz anderen Grund geben. Das Nachrichtenmagazin „Lenta.ru“ berichtete im Mai dieses Jahres ausführlich von Problemen auf dem Tschajandinskij-Gasfeld in Jakutien, das für einen Großteil der Lieferungen über „Sila Sibiri 1“ verantwortlich ist.

Bei der Erkundung der Lagerstätten sei vorschnell gehandelt worden, die Kapazitäten lägen unter den Prognosen. Zudem sei bei der Erschließung Zeit und Geld gespart worden, weshalb nun viele Bohrlöcher weniger Gas fördern als eigentlich möglich sei. Das Magazin beruft sich dabei auf interne Berichte von Gazprom-Ingenieuren. Dem Konzern könnten bis zu 1,5 Billionen Rubel (etwa 1,7 Milliarden Euro) verloren gehen.

Um die vertraglich vereinbarten Lieferungen garantieren zu können, sei daher jetzt das Projekt „Sila Sibiri 2“ so geplant, dass Gas aus Westsibirien die fehlenden Mengen in „Sila Sibiri 1“ ausgleichen kann.

Jiří Hönes

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