Pandas in Moskau: Russisch-chinesische Wechselbeziehungen

Mit altbewährter Panda-Politik demonstrierte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping jüngst die Harmonie zwischen Russland und China. Doch so gut war das Verhältnis nicht immer. Die MDZ folgt der wechselvollen Geschichte russisch-chinesischer Beziehungen.


Geschenk unter Freunden: Wladimir Putin und Xi Jinping begrüßen die Pandas im Moskauer Zoo. © Alexander Wilf/ RIA Novosti

Russlands Präsident Wladimir Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping schlendern in freundschaftlicher Atmosphäre durch den Moskauer Zoo. Das allgegenwärtige Klicken der Fotoapparate scheint nicht zu stören. Die eigentlichen Helden aber sind die zwei Pandabären Ding Ding und Yu Ri. Diese übergab das chinesische Staatsoberhaupt dem Zoo als Zeichen der tiefen Freundschaft zwischen den beiden Ländern. In einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt Xi: „Russland ist das Land, das ich am häufigsten besucht habe, Präsident Putin ist einer meiner besten Freunde und ein großartiger Kollege.“ 

So harmonisch waren die russisch-chinesischen Verbindungen nicht immer. Tatsächlich sahen die politischen Beziehungen der letzten 70 Jahre Höhen und Tiefen.

Führungskampf unter Kommunisten

1949, im Jahr der Gründung der Volksrepublik China, wurden die ersten zwischenstaatlichen Kontakte geknüpft. Bereits ein Jahr später schlossen der mächtige Mann im Kreml, Josef Stalin, und der Führer der kommunistischen Bewegung in China, Mao Zedong, einen Freundschaftsvertrag.

Im Reich der Mitte benötigte man technologische sowie wirtschaftliche Hilfe, um den kommunistischen Staat aufzubauen. Die Rollenverteilung war aber klar. Die Sowjetunion als großer Bruder der jungen chinesischen Volksrepublik. 

Nach dem Tod Stalins 1953 kühlten die Beziehungen ab. Der neue Generalsekretär der sowjetischen kommunistischen Partei Nikita Chruschtschow war weder von Mao, noch von der wirtschaftlichen Entwicklung in China überzeugt. Denn das Wirtschaftsprojekt, der sogenannte „Große Sprung nach vorn“ kostete zwischen 15 und 50 Millionen Menschen im Reich der Mitte das Leben.

Zudem brach Chruschtschow mit dem stalinistischen Personenkult, den auch Mao in China um sich betreiben ließ. Ideologische Gegensätze trieben die beiden Staaten zunehmend auseinander. Sowohl die Sowjetunion als auch China beanspruchten, die weltweite kommunistische Bewegung anzuführen. 

Die Spannungen entluden sich 1969 in Konflikten am Grenzfluss Ussuri. In mehreren Gefechten stießen sowjetische Soldaten und Angehörige der chinesischen Volksbefreiungsarmee aufeinander. Umkämpft war vor allem die im Fluss liegende Insel Damanskij. Schon schrillten die Alarmglocken. Ein großer Krieg nicht im Westen, sondern im Fernen Osten schien auf einmal denkbar. China, seit 1964 Atommacht, betrachtete die Sowjetunion nicht mehr als Bruderstaat, sondern als Konkurrent. 

Besonders der Handel litt unter diesen bedrohlichen Verhältnissen. Wurde 1959 noch die Hälfte des gesamten chinesischen Außenhandels von der Sowjetunion gedeckt, sank dieser Wert bis in die 1970er Jahre auf zwei Prozent ab.

Neue Verhältnisse im Postkommunismus

Der Tod Maos 1976 und die Öffnungspolitik Michail Gorbatschows Mitte der 1980er Jahre in der Sowjetunion ermöglichten einen Neuanfang. Nachdem die Sowjetunion 1991 zerbrach, setzte Russland den Entspannungskurs fort. Das Land hatte mit den Wechseljahren des Postkommunismus zu kämpfen, China war nach der Niederschlagung der Studentenproteste am Platz des Himmlischen Friedens 1989 außenpolitisch unter Druck geraten.

Beide Länder konnten von einer Partnerschaft profitieren. Das Resultat der Annäherung waren mehrere Freundschafts- und Partnerschaftsverträge. Im Jahr 2005 kam es dann zu einer offiziellen Aussöhnung. Die Grenzstreitigkeiten wurden beigelegt. Russland trat rund 337 Quadratkilometer strittiges Territorium an China ab. Unter anderem auch die 1969 hart umkämpfte Insel Damanski. 

Seitdem wurden die politischen Beziehungen weiter intensiviert. Beide Staaten verbindet ein problematisches Verhältnis mit den USA und der Europäischen Union. Ziel der Partnerschaft ist unter anderem auch das Abfedern westlicher Sanktionen. Und tatsächlich wachsen besonders die wirtschaftlichen Verbindungen immer weiter. China ist inzwischen Russlands wichtigster Handelspartner. 2018 überstieg das gemeinsame Handelsvolumen erstmalig 100 Milliarden Dollar. Auffallend ist jedoch eine Verschiebung innerhalb der staatlichen Beziehung.

War in den 1950er Jahren die Sowjetunion der große Bruderstaat, muss sich Russland heute mit der Rolle des Juniorpartners begnügen. Das chinesische Interesse gilt vor allem den Ressourcen des Nachbarlandes: den Energiereserven und den riesigen Wäldern Sibiriens. Chinesische Firmen hingegen sind im Technologie- und Infrastrukturausbau in Russland eingebunden. Kritiker sehen die Verbindung mit Peking als wenig nachhaltig an. 

Trotzdem schwärmen die Staatsmänner von den Beziehungen beider Staaten. In einer gemeinsamen Pressekonferenz in Moskau im Juni konstatierte der russische Präsident mit Blick auf die wechselvolle Verbindung: „Ich stelle erfreut fest, dass die russisch-chinesischen Beziehungen so gut wie noch nie zuvor sind.“ Falls sich die Kontakte doch wieder eintrüben, kann Xi Jinping beim Moskauer Zoo vorstellig werden. Denn Ding Ding und Yu Ri sind nur als Leihgabe für 15 Jahre in der russischen Hauptstadt.

Nikolaus Michelson

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