„Wie schön Moskau unter Sobjanin geworden ist!“ Dieser Satz, der von PR-Spezialisten des Moskauer Rathauses lanciert wurde, ist bereits zu einem Meme geworden. Es scheint, dass er mittlerweile häufiger ironisch als ernst ausgesprochen wird. Und das bei buchstäblich allen Stadtprojekten – von der Sanierung eines Bezirksparks bis hin zu Großprojekten wie dem Moskauer Renovierungsprogramm, das den Abriss von unter Chruschtschow errichteten fünfstöckigen Gebäuden vorsieht, oder der Erweiterung der hauptstädtischen Verkehrsinfrastruktur.
Diese Infrastruktur wächst rasant, nicht nur innerhalb Moskaus, sondern zunehmend auch in den Satellitenstädten. Die Metro erstreckt sich bis in die Moskauer Vororte. Eine der Linien erreicht jetzt auch den Flughafen Wnukowo (die MDZ berichtete). Das ist ein bemerkenswertes Stadtereignis, aber es ist kaum mit der Eröffnung der neuen Linie der Moskauer Durchmesserlinien zu vergleichen. Die MZD-4 verläuft quer durch die Hauptstadt und verbindet Aprelewka, eine Stadt 30 Kilometer südwestlich von Moskau mit mehr als 37 000 Einwohnern, mit Schelesnodoroschnyj. Die Stadt, die 20 Kilometer östlich von Moskau liegt, wurde 2015 mit Balaschicha zusammengeschlossen. Davor lebten da 152 000 Einwohner.
Man kann es mit Fug und Recht als Megaprojekt bezeichnen. Die Länge der Linie beträgt 86 Kilometer, die Fahrt dauert etwa 135 Minuten. Es wurden 37 Stationen gebaut, 18 davon mit Umsteigemöglichkeit zu anderen Strecken. Darüber hinaus wird die MZD-4 sieben Bahnhöfe der Hauptstadt miteinander verbinden. Fast jeder, der mit der Bahn nach Moskau kommt, wird höchstwahrscheinlich die MZD-4 nutzen. Die Betreiber des Projekts rechnen auf dieser Strecke mit einem Personenverkehr von 455 000 Passagieren pro Tag.
Zu den Problemen, die grundsätzlich durch Projekte zur Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur gelöst werden sollten, gehört die Verbindung von Stadtteilen. Moskau ist eine Metropole, die „vom Zentrum aus“ gebaut wurde. Die vom Kreml ausgehenden Straßen zerteilen die Stadt wie einen Kuchen in mehrere Segmente. Das Gleiche tun auch die Bahnstrecken. Dies hat offensichtlich einen negativen Effekt: Die Fahrt in einen benachbarten Stadtteil kann deutlich schwieriger sein, als eine Fahrt vom Stadtrand ins Stadtzentrum. Die Aufgabe der Moskauer Durchmesserlinien besteht unter anderem darin, die Anzahl der Umstiege zu minimieren und wichtige Knotenpunkte miteinander zu verbinden. Darüber hinaus ist die Inbetriebnahme einer weiteren U-Bahn-Linie immer ein Feiertag für die Stadtentwickler, die sich mit der Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs beschäftigen, was zumindest theoretisch PKWs aus der Stadt verdrängen kann.
Ein weiterer wichtiger Faktor: Die Moskauer lieben ihre U-Bahn. Während andere Verkehrsprojekte oft auf scharfe Kritik stoßen, kommen neue Stationen und Linien bei den Bewohnern der Metropole meist gut an. Darüber hinaus ruft die Gestaltung der Stationen und Bahnhöfe sehr oft, wenn nicht Bewunderung, so zumindest positive Emotionen hervor. Insofern war die Fülle an negativen Bewertungen zur MZD-4 eine wahre Überraschung.
In den ersten Tagen nach der Eröffnung der Linie klagten viele Fahrgäste, dass es oft unklar ist, von welchem Bahnsteig die Züge in welche Richtung fahren. Die Züge halten nicht am Kiewer Bahnhof. Mit der neuen Linie gibt es nun weniger Züge auf parallelen Strecken, die in die entfernten Moskauer Vororte führen. Und so weiter und so fort.
Es steht außer Zweifel, dass technische Unstimmigkeiten wie Informationsschilder oder Probleme bei der Bezahlung bald gelöst sein werden. Und all jene, die jetzt wegen des Ausfalls von Zügen auf anderen Strecken viel mehr Zeit bis zur Arbeit brauchen, müssen fortan früher aufstehen. Megaprojekte haben eben auch Nachteile.
Igor Beresin