Moskauer Gespräche: deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen

Nach zwei Jahren Pandemie kehrten die Moskauer Gespräche zurück ins Deutsch-Russische Haus und diskutierten die Aussichten für die Handelskooperation beider Länder.

Professor Stanislaw Tkatschenko, Maria Gratschjowa, Frank Schauff, Mirco Nowak und Olga Martens bei den Moskauer Gesprächen am 15. Februar 2022.
Die Moskauer Gespräche sind zurück im Deutsch-Russischen Haus. (Igor Beresin)

„Eine ideale Politik geht so vor, dass sie von der Wirtschaft gar nicht bemerkt wird.“ Mit diesen Worten zitiert Olga Martens, Herausgeberin der Moskauer Deutschen Zeitung und stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur (IVDK), zum Auftakt der neuen Auflage der Moskauer Gespräche Stanislaw Tkatschenko. Der Professor für Europastudien an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg sitzt ihr gegenüber und lächelt wissend.

Deutsch-russischer Handel 2022

Für die Rückkehr der Moskauer Gespräche ins Deutsch-Russische Haus hat man sich nämlich einen denkbar großen Brocken vorgenommen. Zwei Jahre lang fand die Gesprächsreihe nur online statt. Am 15. Februar konnten Zuschauer wieder sowohl vor Ort, als auch via Live­stream der Diskussion zum Thema „Chancen, Impulse und Herausforderungen für die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen in 2022“ beiwohnen. Neben Olga Martens, die das Gespräch moderierte, und Professor Tkatschenko waren die Wirtschaftswissenschaftlerin Maria Gratschjowa, Frank Schauff von Berlin Global Advisors, sowie Mirco Nowak, CEO der Luno-Group und Vorsitzender der Russisch-Deutschen Handelsgilde in Hamburg, mit dabei.

Dass Professor Tkatschenkos Vorstellung von einer idealen Politik derzeit keine Realität ist, darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Denn die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen erleben nicht erst seit der Corona-Krise schwierige Zeiten. Die politischen Konflikte zwischen Russland und den westlichen Partnern wirken sich besonders seit Beginn des Ukraine-Konflikts 2014 in Form etwa von Sanktionen und geopolitischen Unwägbarkeiten auch auf die wirtschaftliche Kooperation aus.

Optimismus in schweren Zeiten

So kann es nicht verwundern, dass die Bestandsaufnahme des Panels zunächst keine sehr positive war. Die Lage sei vor 10 Jahren deutlich besser gewesen, meinte zum Beispiel Schauff. 2012 habe der deutsch-russische Handel nämlich noch etwa 80 Milliarden Euro umgesetzt. Allein 2020 sank dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Viertel, wie er referierte. Und auch die Investitionen seien stärker zurückgegangen, als die westlichen Sanktionen es eigentlich erfordern würden.

Gibt es trotz dieser Zahlen also Grund zum Optimismus? Für Mirco Nowak auf jeden Fall. Geschäfte gebe es auch in problematischen Zeiten, sagte dieser zum Stand der Beziehungen. Außerdem erinnerte er daran, dass deutsche Unternehmen nach wie vor zu den größten Direktinvestoren in Russland zählen. Auch was den russischen Export nach Deutschland angeht, ist Nowak guter Dinge. So merkte er zum Beispiel an, dass etwa die Zulieferindustrie für den Automobil- und Maschinenbau in der Wolgaregion große Fortschritte mache.

Auch in der aktuellen politischen Lage täte man wohl gut daran, sich diesen Optimismus zu eigen zu machen. „Je mehr wir miteinander sprechen, je mehr wir Geschäfte machen, desto weniger beschäftigen wir uns mit Krieg und Konflikt“, so Nowak. Vielleicht können also gerade starke Wirtschaftsbeziehungen einen positiven Beitrag zur Entspannung leisten.

Thomas Fritz Maier

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