Minority Safepack: Minderheiten solidarisieren sich in Europa

In Europa leben 50 Millionen Angehörige einer Minderheit. Ihre rechtliche Situation kann durch eine Initiative gestärkt werden. Auch beim Medienkonsum. Davon profitieren alle EU-Bürger.

Loránt Vincze spricht über die Minority-Safepack-Initiative. /Foto: FUEN.

Es war ein historischer Moment, als im vergangenen Jahr beim Kongress der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) im rumänischen Cluj-Napoca der Startschuss für eine Bürgerinitiative fiel, die die Lage aller nationalen Minderheiten in EU-Mitgliedsstaaten verändern könnte: der Minority Safepack. Darin fordern die Initiatoren die Europäische Union auf, eine Reihe von Maßnahmen in den Bereichen Sprache, Bildung und Kultur, Partizipation sowie Medien zu ergreifen.

Denn um die Minderheitenpolitik auf europäischer Ebene ist es nicht gut bestellt. Zwar stehen Minderheiten unter einem besonderen Schutz, der in einem Rahmenübereinkommen des Europarates geregelt ist. Der Europarat ist jedoch keine Institution der EU.

„Schutz vor Diskriminierung ist zu wenig“

Die Minority-Safepack-Initiative möchte an frühere Zeiten anknüpfen. „In den 90er Jahren waren Minderheitenrechte, Bürgerrechte, Menschenrechte ein großes Thema auf europäischer Ebene. Das hatte mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Öffnung des Ostseeraumes und dem Balkan-Krieg zu tun“, sagt Anke Spoorendonk, ehemalige Landesministerin Schleswig-Holsteins und Mitglied des Bürgerausschusses der Minority-Safepack-Initiative. Doch etwas Entscheidendes wurde damals nicht gemacht. „Für die Einhaltung der beschlossenen Kopenhagener Kriterien wurde kein Kontrollmechanismus entwickelt.“ Diese beinhalten drei Voraussetzungen, die alle Staaten erfüllen müssen, die der EU beitreten wollen. Unter anderem Schutz von Minderheiten.

Doch der Schutz vor Diskriminierung sei zu wenig, das Recht auf eine nationale Kultur und Identität müsse gestärkt werden. Erst mit dem Vertrag von Lissabon 2009 war es möglich, eine Bewegung von unten zu schaffen, so Spoorendock. Deshalb sei die Bürgerinitiative Minority Safepack so wichtig, um „über den Tellerrand der Nationalstaaten zu blicken.“

Die Initiative muss eine Million Unterschriften sammeln. Erst dann ist die EU-Kommission verpflichtet, zu handeln. Bislang liegen 600 000 Unterschriften vor. Doch Loránt Vincze, Präsident der FUEN, zeigt sich optimistisch: „Einige Länder sind schon im Soll, andere auf gutem Wege. Aber wir hoffen, dass Länder wie Deutschland und Italien noch kräftig anziehen.“

Grenzenloser Informationsfluss

Helfen können dabei auch EU-Bürger, die keiner Minderheit angehören. Viele Punkte des Safepacks betreffen alle Menschen. Beispielsweise Geoblocking. Obwohl in Europa keine Barrieren beim Handel und Reisen existieren, herrschen ausgerechnet im Netz Schranken. Wer aus dem Ausland versucht, auf Film-Mediatheken zuzugreifen, der bekommt häufig die Nachricht, dass der verlangte Inhalt nicht in seinem Land verfügbar ist.

Grund hierfür ist, dass Urheberrechte an Film- und Fernsehproduktionen in der EU national gehandelt werden. Daher fordert die Initiative die EU auf, einen europäischen Binnenmarkt für das geistige Eigentum zu schaffen, um einen freien Medienkonsum zu ermöglichen.

Solidarität heißt deshalb das Gebot der Stunde. „Wenn wir diese Sache als Minderheiten nicht durchbringen, dann wird es schwierig für uns“, sagt Hans Heinrich Hansen, ehemaliger Präsident der Föderalistischen Union. Er erinnert an die Tatsache, dass allein in Europa rund 50 Millionen Menschen einer Minderheit angehören.

Die Initiative hat noch bis zum 3. April Zeit, die Million zu knacken, um ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Katharina Lindt 

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