Der Klimawandel ist seit Jahren eines der weltweit bestimmenden Themen. Die Veränderungen des Klimas haben langfristige Auswirkungen auf regionale und lokale Belange. Doch vergessen wir angesichts der Corona-Krise den Klimaschutz? Die aktuelle Statistik zeigt: Immer mehr Menschen leben in Städten. Über 60 Prozent der Einwohner Russlands wohnen im städtischen Raum, mit steigender Tendenz.
Die Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH) haben 2020 „Städte und Klima“ als Jahresthema ausgewählt. Um eine Dialogplattform hierzu zu schaffen, hat das DWIH Moskau zusammen mit der Moskauer Staatlichen Universität für Bauwesen (MGSU) und dem Unternehmen KNAUF das zweitägige deutsch-russische Seminar „Umweltfreundlicher Städtebau unter den Bedingungen des Klimawandels“ im Online-Format organisiert. Das Seminar hat Teilnehmer aus elf Städten von Karlsruhe bis Wladiwostok zusammengebracht. Pavel Akimov, kommissarischer Rektor der MGSU, betonte, dass der Klimawandel eine Realität sei und es notwendig sei, jetzt koordiniert zu handeln. Der Preis werde sonst zu hoch sein.
Klimamodelle per Fahrrad
Wie entwickelt sich der Städtebau im modernen Moskau? Welche Untersuchungsmethoden haben Perspektiven bei der Stadtklimaforschung? Welche effizienten Bauverbundwerkstoffe und Recyclingbaustoffe gibt es derzeit? Diese und noch viele andere Fragen standen auf der Tagesordnung. Für Klimaschutzmaßnahmen sind zunächst Klimadaten notwendig. In einer Metropole ist es manchmal kompliziert, solche Daten zu gewinnen.
Darüber hat Mikhail Varentsov von der Moskauer Staatlichen Lomonossow-Universität gesprochen, der viele Daten für das regionale Klimamodell COSMO-CLM benötigt hat. Hier sind kreative Ideen gefragt. Das Projekt „Meteobike“ von der Universität Freiburg ist ein gutes Beispiel. Andreas Christen hat mit seinen Studierenden eine mobile Wetterstation gebaut, die mit dem Smartphone verbunden ist. Danach haben die Studierenden sie sich ans Rad geklemmt und sind vom Stadtzentrum aus in verschiedene Richtungen gefahren. So konnten sie in Echtzeit meteorologische Daten übermitteln. Anhand solcher Daten lässt sich gut verstehen, wie städtische Wärmeinseln – Gebiete, in denen die Temperatur bis zu fünf Grad wärmer als im Umland ist – entstehen.
Moderne Baustoffe sind gefragt
Vertreter des Unternehmens KNAUF haben über ökologische Tendenzen im Bauwesen gesprochen und einige Projekte vorgestellt. Zum Beispiel nachhaltige KNAUF-Baustoffe oder ein bereits fertiggestelltes Modulhaus in Krasnogorsk. „Als Vertreter der High-Tech-Branche ist KNAUF ein sehr wichtiger Partner des DWIH in Moskau. Deshalb freut es mich besonders, dass wir heute wieder zusammenarbeiten können“, sagte Andreas Höschen, Direktor des DWIH Moskau.
Um nachhaltig zu bauen, braucht es ökologische Baustoffe. Boris Trofimov von der Südural-Universität hat über selbstreinigende Materialien in Metropolen referiert. Wjatscheslaw Semjenov von der MGSU hat über den Anwendungsbereich von Hohlglas-Mikrokugeln als effizienten Bauverbundwerkstoff berichtet. In näherer Zukunft würden sicher keine neuen Baustoffe entdeckt, deswegen sei Verbesserung schon bestehender Baumaterialien heute der Trend, so Herr Dr. Semjenov.
Auch wenn nachhaltiges Bauen vor allem auf langfristige Nutzung abzielt, Bauschutt fällt immer an. Wie kann man mit diesem ressourcenschonend umgehen? Hieran forscht das Fraunhofer-Institut für Bauphysik Holzkirchen. Im Rahmen des Seminars wurde das Projekt „BauCycle“ von Norbert Leiss vorgestellt. Nach der optischen Sortierung von Bauschutt werden Hauptbestandteile wie Beton und Gips voneinander getrennt und später zur Herstellung anderer Bauprodukte verwendet. Es wäre interessant, dieses Projekt im Rahmen des Renovierungsprogramms in Moskau zu verwirklichen, wo rund 5000 Gebäude abgerissen werden.
Beim Seminar zeigte sich, dass grüne Metropolen und nachhaltiges Bauen längst mehr als ein Traum sind, sie werden allmählich Realität.
Maria Bolschakowa
Für den Inhalt dieses Beitrags ist das DWIH Moskau verantwortlich.