Die letzte offene Tür an der Schengen-Grenze zu Russland

Im Januar wurden an der norwegischen Grenze zu Russland so viele Einreisen gezählt wie in keinem anderen Monat seit Beginn der Pandemie. Der Grenzübergang bei Kirkenes ist der einzige Landweg in den Schengenraum, der Russen mit einem Touristenvisum noch offensteht.

Blick auf Kirkenes, die erste Stadt nach der Grenze auf norwegischer Seite (Foto: Wikimedia Commons/Bair175/)

Rund 200 Kilometer ist die russisch-norwegische Landgrenze lang. Sie verläuft durch eine raue Gegend im äußersten Norden Europas. Doch der einzige dort befindliche Grenzübergang Storskog-Borissoglebsk ist zu einem Nadelöhr für Russen geworden, die in den Westen reisen wollen. Im Januar seien dort 9271 Einreisen nach Norwegen registriert worden, berichtete zuletzt der „Barents Observer“ unter Berufung auf Beamte. Das war ein weiterer Aufschlag von einem Drittel gegenüber den bisherigen Rekordmonaten Oktober (6943) und November (6941). Vor der Pandemie waren es auch mal 21.000 wie im Juli 2019. Doch seitdem sind das die höchsten Werte.

Alle anderen Landgrenzen dicht

Norwegen ist das einzige an Russland grenzende Schengenland, das Russen mit einem Touristenvisum noch die Einreise erlaubt, sei es nun für den Aufenthalt im Land selbst oder für den Transit. In allen anderen sind russische Touristen seit vergangenem Jahr nicht mehr willkommen. Polen und die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen machten ihre Grenzen für solche Visainhaber zum 19. September dicht. Es werden auch keine Touristenvisa mehr ausgestellt. Finnland schloss sich diesem Vorgehen zum 30. September an.

Grundsätzlich ist die Einreise zwar weiterhin möglich, aber auf Ausnahmen wie Verwandtenbesuche oder Studienzwecke beschränkt. So sank die Zahl der Grenzübertritte von russischer Seite an den beiden nördlichsten finnischen Grenzübergängen Raja-Jooseppi und Salla im Oktober – dem ersten Monat nach dem Einreisestopp für Touristen – nach offiziellen Angaben um 63 Prozent auf nur noch 1385. Im November 2019 hatte man hier 18.645 verzeichnet. Salla wird seit Dezember nur noch von 10 bis 14 Uhr betrieben.

400 km nördlich des Polarkreises

Norwegen hatte sich Aufrufen aus anderen Ländern zu einer gemeinsamen europäischen Regelung verweigert. Dazu könnten die vergleichsweise geringen absoluten Zahlen der Einreisen beigetragen haben. Auch Visaerleichterungen für Einwohner der Grenzregion wurden beibehalten. Justizministerin Emilie Enger Mehl sagte dem „Barents Observer“ allerdings im Oktober, man beobachte die Situation sehr aufmerksam. Die Grenze könne „binnen weniger Stunden“ geschlossen werden.

Der Grenzübergang Stors­kog-Borissoglebsk ist etwa drei Autostunden von der russischen Großstadt Murmansk entfernt. Auf norwegischer Seite ist die Hafenstadt Kirkenes mit ihren 3300 Einwohnern der erste größere Ort. Er erfreut sich bei Russen traditionell großer Beliebtheit als Einkaufsziel und wird auch von russischen Fischereischiffen angelaufen. Nach der russischen Mobilmachung wurde die Kleinstadt im Herbst förmlich von russischen Emigranten überrannt. Kirkenes ist trotz seiner Lage 400 Kilometer nördlich des Polarkreises durch mehrere Flüge täglich mit Oslo und anderen norwegischen Städten verbunden.

Tino Künzel

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