Matthäus-Passion statt Kreuzjahr: Warum 2017 ein ereignisreiches Jahr sein wird

Seit September leitet Jan Kantorczyk das Kulturreferat der Deutschen Botschaft in Moskau. Die MDZ sprach mit dem Diplomaten über die deutsch-russischen Kulturbeziehungen und die Highlights, die 2017 geplant sind.

Herr Kantorczyk, 2016 neigt sich dem Ende zu. Zeit, um Bilanz zu ziehen. Was steht beim Kulturreferat unter dem Strich?

Es war ein sehr intensives Jahr für die deutsch-russischen Kulturbeziehungen, in nicht einfacher Zeit. Wir haben eine Reihe von Aktivitäten in diesem Jahr anbieten können, die viel Beachtung gefunden haben. Darunter eine große Cranach-Ausstellung im Puschkin Museum. Wir haben im Sommer das deutsch-russische Jahr des Jugendaustausches begonnen. Es war ein sehr wichtiger Impulsgeber für den Dialog.

Auf welche Höhepunkte dürfen sich die Deutschen in Russland 2017 freuen?

Auch im nächsten Jahr finden die „Deutschen Tage“ zwischen Smolensk und Wladiwostok statt, die von ansässigen Partnern organisiert werden. Hier wird es ein buntes Rahmenprogramm geben. Außerdem läuft noch bis Mitte 2017 das Jahr des deutsch-russischen Jugendaustausches. Dann ist eine große Abschlussveranstaltung in Berlin geplant. Wir haben in den vergangenen Jahren immer deutsch-russische Kreuzjahre gehabt. Dass es sie gibt, ist ein Zeichen beider Regierungen, dass der Austausch und die Begegnung zwischen Russland und Deutschland gewünscht und unterstützt wird. Wir haben bis jetzt noch kein Anschlussjahr, aber ich würde es mir wünschen.

Was ist der Grund?

Es gibt Überlegungen und Diskussionen, aber bisher noch keine Festlegung. Das erfordert immer ein Einverständnis beider Seiten.

Die Cranach-Ausstellung war ein Großprojekt. Darf man im nächsten Jahr auf Ähnliches gespannt sein?

Obwohl solche Großprojekte ohne Sponsoren schwer zu realisieren sind und einen großen organisatorischen Aufwand erfordern, planen wir eins. Im nächsten Jahr werden 500 Jahre Reformation gefeiert. Der Höhepunkt wird sein, dass John Neumeier, Chefchoreograf und Ballettdirektor des Hamburg-Balletts, nach Moskau kommt und Ende Oktober 2017 seine Matthäus-Passion im Tschajkowski-Konzertsaal aufführen wird. Wir wissen, dass die anderen Kulturmittler, wie das Goethe-Institut, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA), genauso engagiert arbeiten werden wie immer.

Spannend ist auch der Sportbereich. Nächstes Jahr wird der FIFA Confederations Cup von Juni bis Anfang Juli in Russland ausgetragen. Das Kulturreferat möchte ein Jugendfußballturnier mit acht Mannschaften veranstalten. Das ist für uns ein Test, wie die Weltmeisterschaft im Jahr darauf genutzt werden kann, um Deutschland in Russland positiv zu präsentieren.

Sie sprechen von schwierigen Zeiten. Meinen Sie damit die Sanktionen, die ihre Spuren hinterlassen haben?

Die Kulturbeziehungen existieren nicht losgelöst von den Entwicklungen im politischen und wirtschaftlichen Bereich. Doch zum Glück haben wir eine sehr starke Nachfrage nach deutscher Sprache und Kultur und ein sehr gutes Fundament, auf das wir bauen können. Dennoch ist es schwieriger geworden, im kulturellen Bereich in Russland zu arbeiten. Das führte dazu, dass auch deutsche Partner fragen, ob es opportun sei. Wir sagen dann: unbedingt. Im nächsten Jahr werden beispielsweise eine Reihe von deutsch-russischen Städtepartnerschaften Jubiläum feiern. Dazu wird es in Krasnodar eine Konferenz geben – eine gute Gelegenheit, um zu zeigen, wie intensiv das deutsch-russische Beziehungsgeflecht ist, und dass man auch in schwierigen Zeiten, diesen kulturellen Austausch pflegen muss.

Ihre letzte Station war New York. Jetzt sind sie in Moskau. Zwei Städte, wie sie nicht gegensätzlicher sein könnten?

Das würde ich nicht sagen. Moskau ist eine große Metropole genau wie New York. Es gibt Unterschiede, aber nicht zu große. Die Silhouette von Moskwa-City, die Mietfahrräder oder der Straßenverkehr erinnern einen an amerikanische Städte. Nicht zu unterschätzen das kulturelle Angebot und die Lebensqualität. Ein Stück New York habe ich auch in Moskau. Wenn ich aus dem Fenster meiner Wohnung schaue, dann blicke ich auf einen großen Park, der von Häusern umgeben ist – wir nennen ihn den Central Park. Meine Familie und ich sind froh, dass wir nach Moskau gegangen sind.

Wie steht es mit Ihrem Russisch?

Russland ist für mich eine zweite Heimat, weil ich fünf Jahre in St. Petersburg als Student gelebt und dort meine Frau kennengelernt habe. Insofern war es kein Umzug in eine fremde Welt, sondern eher eine Heimkehr. Mein Russisch ist etwas eingerostet, aber ich habe das Gefühl, dass ich wieder in die Sprache hineinkomme.

Das Interview führte Katharina Lindt

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