
Die Vorfahren Katharina Minichs kamen vor langer Zeit aus Deutschland in das Russische Reich. Kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion lebte die Familie Minich in Kirgisien. Von dort aus übersiedelten sie 1990 nach Deutschland. Damals war Katharina 14. Sie erlernte den Beruf einer Krankenschwester und ging arbeiten.
Der Traum von Russland
„In den 26 Jahren, die ich in Deutschland gelebt habe, ist es mir nicht zur Heimat geworden“, erzählt Katharina Minich heute. „Dort war ich immer die Russin, weil ich aus der UdSSR kam. Die einheimischen Deutschen sahen mich nie als ihresgleichen an. Für sie blieben wir und sogar unsere in Deutschland geborenen Kinder Russen.“
1998 heiratete sie einen Russen aus Kirgisien, Dmitri. Dem gelernten Mechaniker fiel die Anpassung an das Leben im fremden Land schwer. Am meisten beunruhigten ihn die dortigen Moralvorstellungen. Er hielt sie für zu freizügig. „Ganz besonders die Schwulen-Paraden mochte er nicht und dass diesem Thema zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es machte uns Angst, dass unsere Kinder in solcher Umgebung aufwachsen“, erinnert sich Katharina Minich.
Im Jahre 2000 dachten die Minichs das erste Mal darüber nach, nach Russland zu gehen. „Obwohl ich nie in Russland gelebt habe, verband mich ein unsichtbares Band mit dem Land. Es zog mich immer dorthin“, erinnert sich Katharina.
Der Umzug nach Russland
Aber erst 2016 zogen die Minichs nach Russland um – wegen Probleme mit dem Jugendamt. Sie kamen nach Moskau. Die erste Zeit war nicht leicht. Gleichzeitig musste die Wohnungs- und Arbeitsfrage und der Erhalt der Staatsbürgerschaft geklärt werden. Eine Arbeit zu finden war das Leichteste. Um die Staatsbürgerschaft zu erhalten, brauchten die Minichs drei Jahre. Sie waren die ersten Bürger der BRD, die in Russland Asyl gesucht haben. „Vor uns hat kein Deutscher einen solchen Status erhalten, weil auf deutschem Boden keine Kampfhandlungen stattfinden. Wir haben ein ganzes Jahr um den Status gekämpft“, sagt Katharina Minich.
Fünf Jahre musste die Familie umherziehen, bis sie 2021 ein Haus in der Stadt Schukow, Gebiet Kaluga kaufte. Aber dem Familienoberhaupt war nur ein halbes Jahr in dem Haus vergönnt. Im Oktober 2021 starb der 48-jährige Mann am Corona-Virus.
Hilfe für die Übersiedler
In dieser Zeit arbeitete Katharina mit Corona-Kranken, aber nach der Tragödie mit ihrem Mann hängte sie die Medizin an den Nagel. Heute verdient sie ihren Lebensunterhalt damit, dass sie Menschen hilft, die aus anderen Ländern nach Russland kommen. Sie hat eine eigene Firma, die „Einzigartige Gastfreundschaft“ heißt. Ihre Mitarbeiter holen die Übersiedler vom Flughafen ab, bringen sie für die erste Zeit unter und helfen beim Ausfüllen der Dokumente.
Laut Minich sind 99 Prozent ihrer Kunden deutsche Staatsbürger, es gibt aber auch welche aus Frankreich, Spanien und Lettland. In den letzten zwei Jahren haben sich ungefähr 300 Personen an ihre Firma gewandt.
Heute wendet Katharina Minich viel Kraft für den Bau eines Gästehauses für Übersiedler auf. „Das Haus hat 650 Quadratmeter mit vielen Zimmern, umgeben ist es von Natur und einem See. Ich denke, die Menschen werden sehr froh sein, hier eine bestimmte Zeit wohnen zu können“, sagt Katharina lächelnd.
Bei all ihren Plänen wird sie von ihren Kindern unterstützt. Viktoria lernt Konditor. Sie möchte dann im Gästehaus arbeiten. Daniel wird bald 21 und arbeitet als Übersetzer und Fahrer, hilft aber auch bei anderen Fragen. Der Jüngste der Familie ist 15, er geht noch zur Schule. Die älteste Tochter Melissa ist nach Erreichen der Volljährigkeit nach Deutschland zurückgekehrt. Eine Tochter, Alina, blieb noch 2016 in Deutschland zürück. Wenn auch die jüngeren Kinder nach Deutschland zurückgehen wollen, können sie das tun, meint Katharina. „Aber ich möchte natürlich, dass sie immer bei mir sind.“
Femida Selimowa
Warum kehren einige Spätaussiedler nach Russland zurück?
Es gibt Russlanddeutsche, die nach Russland zurückkehren, nachdem sie einige Zeit in Deutschland gelebt haben. Dazu gibt es keine genaue Statistik, weil die Betroffenen die Pässe beider Staaten behalten. Die MDZ hat drei Frauen, die vor Kurzem mit ihren Familien nach Russland zurückgekommen sind, nach den Gründen der Übersiedlung gefragt.
Anna W. kam im November 2022 mit Mann und Kindern in den Deutschen Nationalrayon im Altai. Nach Deutschland war sie 1999 im Kindesalter ausgereist.
Das war eine sehr schwierige Entscheidung. Wir hatten ein gutes Leben, mein Mann und ich haben gearbeitet, es ging uns gut. Wir haben uns jedoch für den Umzug wegen der unvernünftigen und absurden Politik der sexuellen Aufklärung der heranwachsenden Generation entschieden. Mein Mann und ich sind überzeugte Anhänger traditioneller Beziehungen. Mann und Frau gehen die Ehe ein und schaffen sich Kinder an. Das ist die Grundlage der Familie. Ein anderer Ansatz ist für uns nicht akzeptabel. Viele unserer Bekannten teilen diese Ansicht. Einige von ihnen sind auch nach Russland zurückgekehrt.
Inna K. kam nach einem Jahr Aufenthalt in Deutschland mit ihrem Mann und zwei Kindern im Vorschulalter 2022 zurück.
Unser Umzug nach Deutschland fiel in die Pandemie mit zeitweiligen Schließungen der Vorschul- und Bildungseinrichtungen. Das ältere Kind konnte noch in Russland in den Kindergarten gehen, und nachdem die Kindergärten in Deutschland wieder geöffnet waren, hatten wir eine Vergleichsmöglichkeit. Das war schockierend. Die Kinder bekommen dort nichts Vernünftiges zu essen, so wie in den russischen Kindergärten. Beschäftigung gibt es praktisch auch nicht. Mittagsschlaf ist für keine der Altersgruppen vorgesehen. Es war sogar nur ein Spielplatz für alle Kindergruppen vorhanden.
Wir haben uns in der Musikschule angemeldet, aber es stellte sich heraus, dass es auch dort keinen vollwertigen Unterricht für die Kleinen gab. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, zurückzukehren und russische Kindergärten und Schulen zu besuchen, wo die Traditionen der Erziehung und das Niveau der Bildung gewahrt werden.
Anna Schwabauer kam im Mai 2022 mit zwei Kindern zurück in das Gebiet Omsk. Sie verbrachte 19 Jahre in Deutschland.
Ich hatte Angst um meine Kinder. So viele Flüchtlinge sind nach Deutschland gekommen, das Leben hat sich in letzter Zeit verändert. Ich bin nach Asowo, Deutscher Nationalrayon im Omsker Gebiet, mit dem Gedanken zurückgekehrt, wenn es meinen Kindern hier nicht gefallen würde, fahren wir nach Deutschland zurück. Aber hier gefällt es ihnen. Meine Tochter wurde 2022 hier eingeschult. Mein Sohn geht aufs Gymnasium. Leider ist der Vater meiner Kinder nicht mitgekommen. Er hat noch Zweifel.
Zusammengestellt von Olga Silantjewa und Juri Barsukow