Darja Besedina: „Schizophrene Verkehrspolitik“

Die oppositionelle Mosgorduma-Abgeordnete Darja Besedina von der Partei Jabloko ist mit maßgeblicher Unterstützung der Urbanismus-Experten von „Gorodskije Projekty“ ins Parlament gelangt. Im MDZ-Interview spricht sie darüber, was in der Moskauer Verkehrspolitik aus ihrer Sicht falsch läuft.

Darja Besedina nutzt Fahrrad, Bus und Straßenbahn. (Foto: Karina Gradusowa)

Frau Besedina, die Verkehrspolitik in Moskau wird oft als fortschrittlich bezeichnet. Straßen werden zurückgebaut, Metro und S-Bahn werden ständig erweitert. Was veranlasst Sie dennoch zur Kritik?

Wenn Sie ins Zentrum schauen, dann ist die Entwicklung tatsächlich sehr fortschrittlich. Aber Sie müssen das Ganze betrachten. Und da sieht es schlecht aus. Die Verkehrspolitik bewegt sich zur selben Zeit in zwei gegensätzliche Richtungen. Auf der einen Seite machen wir den Autoverkehr weniger attraktiv, indem wir Fahrspuren reduzieren und Parkplätze schließen, auf der anderen Seite haben wir diese irren Bauprojekte für Schnellstraßen, die mitten durch Wohngebiete führen. Dass das nur zu noch mehr Autoverkehr führt, ist schon lange bekannt. Aber wir machen einfach weiter so. Das ist eine schizophrene Politik.

Hat sich der öffentliche Nahverkehr in den vergangenen Jahren nicht enorm weiterentwickelt?

Der Ausbau stagniert. Es wird viel Geld in Propaganda und PR gesteckt, um diese Illusion zu vermitteln. Schauen Sie an, wie viel in dieses S-Bahn-Projekt „MCD“ investiert wurde, das letztlich nichts Neues ist. Und schlecht geplant. Und werfen Sie einen Blick auf die Metro. Man erweitert Linien nach Neu-Moskau, wo sie momentan niemand braucht, etwa im Süden der roten Linie. Da geht es nur um die Interessen der Baulobby. Dort sollen Wohnungen entstehen und die verkaufen sich besser, wenn es eine Metro gibt. Die gelbe Linie in der Innenstadt dagegen, die wirklich benötigt wird, kommt seit Jahren nicht voran. Es gibt keine vorausschauende Planung und kein Gesamtkonzept.

Aber die Ring-S-Bahn „MCC“ war doch ein erfolgreiches Projekt?

Naja. Viele der Stationen sind schlecht mit der Umgebung und anderen Verkehrsmitteln verknüpft, die Wege sind sehr lang. Und darauf kommt es doch an. Schauen Sie sich in meinem Bezirk die Station Baltijskaja an. Die Verbindung zur Metro führt quer durch ein Einkaufszentrum. Auf der Straßenbrücke nebenan fahren Busse, aber es gibt von dort keinen Zugang, obwohl Fachleute das vorgeschlagen hatten.

Sie kritisieren die Situation für Fußgänger in Moskau. Wo liegen da die Probleme?

Mit der Initiative „Gorodskie Projekty“ kämpfen wir schon länger für sichere Straßen. Wir haben in Russland generell ein fürchterliches Problem mit Verkehrstoten. Die Behörden versuchen immer noch mit veralteten Methoden dagegen anzukämpfen, von denen längst bewiesen ist, dass sie völlig sinnlos sind. Man hält Kindern Vorträge, dass sie sich umsichtig verhalten sollen. Niemand kommt auf die Idee, Geschwindigkeiten zu beschränken. Wir belehren die Opfer, nicht die Verursacher. Und die Strafen für zu schnelles Fahren sind lächerlich. In einem meiner Bezirke untersuchen wir momentan zum Beispiel die Verkehrsströme, um an gefährlichen Stellen sichere Überwege zu schaffen oder die Sicht zu verbessern. Selbst sehr günstige Maßnahmen können dabei Leben retten!

Die Fragen stellte Jiří Hönes.

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