Barfußpfad in Moskau: Folter für die Füße

Im Moskauer Nationalpark Elchinsel hat in diesem Sommer ein Barfußpfad eröffnet. Unsere tapfere Redakteurin hat sich der Herausforderung gestellt. Ein unvergessliches Erlebnis.

Auch einer Frohnatur kann das Lachen hier vergehen. (Foto: Privat)

Rustam Jakubow, Direktor des Nationalparks Elchinsel, wurde auf einer Geschäftsreise nach Lettland zu der Idee mit dem Barfußpfad inspiriert. Im dortigen Kemeri-Nationalpark gibt es einen solchen Pfad mit einer Länge von 2,6 Kilometern. In Moskau hat man jetzt 3,6 Kilometer Barfuß-Parcours angelegt.

Der Weg besteht aus 43 verschiedenen Untergründen, darunter Sand, Meereskiesel, Pflastersteine, Kegel, Blähton und Pferdemist. Die Strecke bildet eine Schleife, früher oder später landet man wieder am Anfang. Im Durchschnitt dauert es etwa zwei Stunden, um alle Abschnitte zu begehen. Sie sollten auf jeden Fall eine Flasche Wasser und ein Antimückenmittel dabeihaben. Von beidem werden Sie schon nach fünfzehn Minuten träumen.

Sie können Ihre Schuhe in speziellen Schließfächern aufbewahren. Sollten Sie Angst haben, dass Sie nicht durchhalten, dann dürfen Sie sie aber auch mitnehmen.

Schmerzhafte Prüfungen

Es fängt alles ganz harmlos an: Erst geht man auf weißem Sand, dann auf Meereskieseln, was natürlich an einen Strandurlaub erinnert. Dann tauchen Sie Ihre Füße in eine Wanne mit kaltem Wasser, die im Prinzip ganz gut zu ihrem Traum vom Strandurlaub passt. Doch der Traum kippt schnell in einen Alptraum und holt sie zurück in die Realität des Barfußpfads. Mussten Sie schon einmal über Fichtenzapfen gehen? Durch Blähtongranulat? Über Granitsplitter? Das tut weh! Die Bruchstücke graben sich so tief in die Füße, dass es sich anfühlt, als würde man über Glasscherben gehen. Und Blähton, der von Gärtnern üblicherweise in Blumentöpfe gepackt wird, entpuppt sich als furchtbare Strafe – er „massiert“ die Füße nicht schlechter als mittelalterliche Inquisitoren.

Die Füße dürfen sich erholen, wenn sie sich auf der Baumrinde oder im Wasser (der Weg führt am Fluss Pechorka vorbei) befinden oder auf Baumstämmen gehen, aber dann kommen wieder Granittrümmer oder Blähton – und mit ihnen kehrt der Schmerz zurück.

Heldenhaft wie Indiana Jones

Die gute Laune treibt einem der Pfad langsam aber sicher aus. Zu den Schmerzen an den Füßen kommt bald das Mückenproblem – meditativ ist das jedenfalls nicht. Schmerzt es zu sehr, kann man auch neben dem eigentlichen Weg gehen. Doch das hilft auch nicht immer, denn manchmal ist es dort von Natur aus ungemütlich, manchmal geraten einem die vom Weg geschleuderten Granulatkugeln unter die Füße – niemand entkommt der „Massage“. Der einzige Teil des Weges, den ich unter keinen Umständen betreten wollte, war eine Badewanne mit Pferdemist. Andere Gäste wollten darin nämlich Kröten und Blutegel gesehen haben.

Der einzige Gedanke, der einen dabei motiviert, ist, dass solche „Prüfungen“ gut für den Körper sind. Und am Ende des Weges fühlt man sich wie ein Held, wie Indiana Jones, der alle Hindernisse überwunden hat.
Wenn Sie nicht die ganze Zeit unter Ihre Füße schauen, können Sie die umliegende Natur bewundern. Der Pfad befindet sich im Elchinsel-Dendarium, wo über 800 Pflanzenarten zu finden sind, Vögel singen und Schmetterlinge und Käfer fliegen.

Die touristische Infrastruktur ist gut. Es gibt Bänke im Schatten der Bäume, Spielplätze für Kinder, öffentliche Toiletten und eine Möglichkeit zum Füße waschen.

Eins ist klar: Nach dem Barfußpfad werden Sie kaum noch Energie zum Gehen haben und Ihr größter Wunsch wird sein, die Schuhe wieder anzuziehen.

Ljubawa Winokurowa

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