Angenehmes Klima, schöne Natur und explosive Lage

Der Verband der Reiseveranstalter Russlands prognostizierte für dieses Jahr 4,5 bis 5 Millionen Erholungssuchende aus Russland auf der Krim. Aber das war vor der Explosion auf der Krimbrücke am 17. Juli. Drohnen hatten einen Abschnitt der Brücke beschädigt, deshalb konnte sie nur teilweise befahren werden. Aber die Menschen fahren trotzdem zur Erholung dorthin. Die MDZ sprach mit einigen Touristen darüber, warum sie ungeachtet der Atmosphäre der Unsicherheit trotzdem einen Urlaub auf der Halbinsel verbringen.

Beschädigter Teil der Krim-Brücke. Der Verkehr auf der Brücke ist immer noch eingeschränkt. (Foto: Konstantin Michaltschewski / RIA Nowosti)


Margarita Netschaewa, Kosmetikerin

Meine Mutter hat vor zwei Jahren in der Nähe von Feodossija (Stadt im südöstlichen Teil der Halbinsel Krim, Anm. d. Red.) ein Haus gekauft und ist aus dem Moskauer Gebiet hierhergezogen. So kommt es, dass wir die gesamten Sommerferien mit den Kindern hier verbringen. Wir helfen der Mutter im Garten und auf dem Grundstück, und ich baue ganz in der Nähe auch ein kleines Haus.

Wenn die Rede ist von der Atmosphäre im Allgemeinen, so war es im vergangenen Jahr ruhiger. Im Juni gab es nur wenige Touristen, sie kamen erst im Juli-August. In diesem Jahr kamen die Touristen in großer Zahl auch Anfang Juli, aber nach der Explosion auf der Krimbrücke sanken die Zahlen. Aber diejenigen, die eine Reise geplant hatten, kommen auch. Umso mehr, weil eine neue Reiseroute durch die neuen Gebiete aufgemacht wurde, um vor dem Befahren der Brücke weniger im Stau zu stehen. Aber ehrlich gesagt, durch das Gebiet Cherson zu fahren, würde ich nicht wagen. Das ist sehr beängstigend und sehr nahe an den Kampfhandlungen liegend.

An die Nachrichten über Explosionen haben wir uns schon gewöhnt. So ist unlängst ein Munitionslager im Kreis Kirow in Flammen aufgegangen, wir haben den Brand die ganze Nacht über gesehen. Im Juni gab es einen Anschlag auf einen Militärkorrespondenten, wahrscheinlich wurde ein Roller in die Luft gesprengt. Ich war gerade mit meiner Tochter in der Stadt, und es explodierte neben meinem Auto. Sofort liefen die Leute auf die Straße. Alle wollten wissen, was passiert war.

Ich fahre schon 20 Jahre auf die Krim in den Urlaub. Nur hier kann ich mich nach der Arbeit regenerieren, hier hat sich mein Leben im Erholungsmodus etabliert. Ich habe kürzlich mit einer Freundin gesprochen. Sie und ihr Mann sind aus Dubai zurückgekommen. Dem Mann hat es nicht gefallen. Er meinte, dass er nie mehr in einer schmutzigen Pfütze baden, sondern an ein normales Meer fahren möchte. Und jetzt wollen sie hierher zu uns kommen.

Ich empfinde keine Gefahr. Wenn man uns sagen würde, macht euch auf das Schlimmste gefasst, reisten wir wahrscheinlich ab und nähmen auch meine Mutter mit, aber noch ist alles normal. Die Einheimischen sagen, wenn sie angegriffen werden sollten, dann werden sie sich verteidigen, der Patriotismus ist hier sehr stark. Die Menschen leben schon lange hier und sie wissen, wie es unter der Ukraine war, sie können vergleichen. Die Infrastruktur der Halbinsel wird immer besser.

Alexej Sokolow, Ingenieur

Meine Freundin und ich machen jedes Jahr auf der Krim Urlaub. Dort herrscht ein angenehmes Klima, es gibt eine schöne Natur und viele Sehenswürdigkeiten. Wir müssen nicht das ganze Jahr auf den Urlaub sparen. Wir bekommen das Urlaubsgeld ausgezahlt und fahren gleich danach los.

Diesmal waren wir gerade dort, als die Brücke attackiert wurde. Wir sind am 16. Juli bis fast an die Brücke herangekommen, hatten für drei Tage ein Hotelzimmer in der Siedlung Wolna gebucht (8 Kilometer von der Brücke entfernt, Anm. d. Red.), um uns von der Anfahrt zu erholen. Am 17.Juli wurde die Brücke beschädigt. Wir befürchteten, dass wir den ganzen Urlaub in Wolna verbringen müssen, denn die von den Verwaltungen angebotene Route durch die neuen Gebiete, über Mariupol auf die Krim zu fahren, kam für uns nicht in Frage, es war viel zu weit. Unsere Bekannten sind so gefahren. Die Nachricht über die Explosion erreichte sie bei Woronesch, deshalb war es für sie bequem, in Richtung Mariupol abzubiegen. Sie sagen, dass sie gut angekommen sind, sie mussten nur drei Stunden an einem Streckenposten auf die Kontrolle warten.

Am 19. Juli haben wir uns entschlossen, auf die Brücke zu fahren, der Verkehr konnte schon wieder fließen. Die Kontrolle dauerte nur eine halbe Stunde. Wir hatten keine Angst, dass sich die Explosion wiederholen könnte. Was soll man denn machen, Urlaub muss sein! Ich kann nicht sagen, dass sich der Urlaub in diesem Jahr von dem in den vorhergehenden Jahren unterschieden hat. Alles war ruhig, keiner verfiel in Panik. Zurück nach Hause fuhren wir auch über die Brücke.

Artjom Babanin, Manager eines Pharmaunternehmens

Ich verbringe meinen Urlaub immer nur auf der Krim. Meine Frau und die Kinder wohnen schon vier Jahre in Sewastopol, sie sind aus Moskau dahin gezogen. Wir hatten schon lange davon geträumt, auf der Krim zu leben, dort wohnen die Eltern meiner Frau, sie helfen uns mit den Kindern.

Sewastopol hat eine gute Infrastruktur, gute Schulen, die Lebensmittel sind von hoher Qualität, es herrscht ein ausgezeichnetes Klima. Das Gefühl völliger Sicherheit hat man natürlich nicht, wenn man bedenkt, dass wir neben dem Stab der Flotte wohnen und regelmäßig Angriffe von Drohnen sehen. Und trotzdem haben wir nicht vor, von hier wegzugehen, außer wenn absolut schwere Zeiten anbrechen sollten. Das Leben geht hier seinen Gang, die Menschen gewöhnen sich an alles und bemühen sich, die Risiken nicht zu beachten. Ich fahre mit dem Zug, deshalb hat die Explosion der Autobrücke meine Pläne nicht durchkreuzt. Von meinen Bekannten ist niemand durch die neuen Gebiete gefahren, es ist noch zu gefährlich.


Auf die Krim durch «die neuen Gebiete»

Weil jetzt ein Abschnitt der Krimbrücke zerstört ist und die Regierung verspricht, sie erst bis zum Ende des Jahres wiederherzustellen, wurde eine alternative Reiseroute durch «die neuen Gebiete» aufgemacht (vier ukrainische Regionen seit 4. Oktober 2022 zu Russland gehören – Luhansk, Donezk, Saporischschje und Cherson), durch das Gebiet Donezk und durch Saporoschje.

Diese Strecke benutzen die Lastwagenfahrer, denn über die Krimbrücke werden jetzt nur PKWs und Minivans gelassen. Auf den Telegram-Kanälen erteilen diejenigen, die diese Route nutzen, den anderen Fahrern Ratschläge. So dauert die Strecke von Taganrog bis zum Streckenposten in Dschankoj sieben bis acht Stunden. User schreiben, dass man auf der Trasse bleiben und nicht in den Wald abbiegen soll. Der Straßenbelag ist neu, es gibt Tankstellen und Raststätten am Weg. Viele Militärs sind unterwegs, jegliche Foto- und Videoaufnahmen sind verboten. In Mariupol gibt es Straßenbauarbeiten. Aber ein Fahrer postet, dass „der Blick an den Ergebnissen der Kampfhandlungen hängen blieb“, und eine Frau schrieb, dass sie „den gesamten Weg durch Mariupol geweint hat.“


Aufgeschrieben von Ljubawa Winokurowa

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