Snegurotschka handmade

Auf dem gerade bei ausländischen Touristen beliebten Kunstgewerbemarkt rund um den Kreml von Ismailowo haben sich die Reihen gelichtet. Aber Karina ist immer noch da. Seit über zehn Jahren bietet sie dort ihre Spielzeugfiguren an. Wie haben sich die Geschäfte in dieser Zeit entwickelt?

Karina neben ihrem Stand auf dem Kunstgewerbemarkt in Ismailowo (Foto: Olga Silantjewa)

Der Kreml von Ismailowo im Osten Moskaus. Schöne Zwiebeltürme, Holzbauten im Stil russischer Baukunst des 16.–17. Jahrhunderts. Im Kreml gibt es 15 Museen. Eines von ihnen, das Museum für sowjetische Tretautos, ist eben erst eröffnet worden. An den Wochenenden versammeln sich hier Antiquare, Trödler, Souvenirverkäufer und Liebhaber gebrauchter Waren. Ich fahre nach Ismailowo, um Souvenirs für meine deutschen Freunde zu kaufen. Deshalb interessieren mich weder Museen, noch Cafés oder Antiquariate. Ich betrete den Kunstgewerbemarkt und gelange sofort in die Reihen mit russischen Souvenirs.

In letzter Zeit sind es weniger geworden. Die Verkäufer stehen da mit sich ähnelnden Matrjoschkas und Löffeln, mit Tüchern und Schürzen, geschnitzten Väterchen Frost, Schatullen aus Rinde. Vor Neujahr gibt es hier immer viele hölzerne Figuren für den Weihnachtsbaum. An den Ständen liegen auch solche, die ich schon vor 15 Jahren als Geschenk gekauft habe. Ich bin auf der Suche nach etwas Neuem.

Karina

Karinas Stand liegt ein wenig im Inneren. Er ist einer der letzten auf dem Teil des Marktes, wo Souvenirs feilgeboten werden. Links und rechts leere Stände. „Heute gibt es zweifellos weniger Verkäufer“, bestätigt Karina meine Beobachtung. „Manch einer ist weg, weil er eine ständige Arbeit gefunden hat, ein anderer verbindet Arbeit und Kreatives, ein Dritter macht nur das und hofft auf bessere Zeiten.“

Karina gehört zur zweiten Kategorie. Sie hat eine feste Arbeit und obendrein ihre Lieblingsbeschäftigung. Welche Arbeit das ist, verrät sie nicht. Über ihre Ausbildung schweigt sie auch. Sie sagt nur, dass es eine sehr gute war. Sie hat sogar in Frankreich gearbeitet und war auch in Amerika.  Aber dann hat sie beschlossen, sich den Kindern und kreativer Arbeit zu widmen. Das war vor 15 Jahren. Sie erlernte verschiedene Maltechniken. Manchmal war es ihren Worten zufolge recht schwer. Dann begeisterte sie sich für Gegenstände aus Holz. „Sie sind warm“, erklärt Karina. Ihren Familiennamen wollte sie nicht nennen. Vor ungefähr 10 Jahren fand sie sich auf dem Markt von Ismailowo wieder. Das erste Stück, welches sie verkauft hatte, war plump und lächerlich. Seitdem stellt sie ihre Ware her und bietet sie selbst auch an.

Karinas Matrjoschkas

Ware hat sie viel. An ihrem Stand gibt es klassische Matrjoschkas, Väterchen Frost und Kosmonauten als Matrjoschka-Figuren. Schneewittchen, Tännchen und Nussknacker, Türmchen und kleine Pyramiden mit Kätzchen. Sie liebt es, sich ständig etwas Neues auszudenken. Sie verspricht, dass sie bei meinem nächsten Besuch neue Figuren haben wird. Karina produziert nebenbei gesagt ganz wenig. Das ist nicht so ein Geschäft wie bei denen, die im großen Stil arbeiten. Bei ihr ist es für die Seele.

Kosmonauten als Matrjoschka-Figuren (Foto: Olga Silantjewa)

Den Grundstoff für ihre Produkte, sie nennt ihn Rohling, kauft Karina bei den Drehern, die in Woskressensk im Gebiet Nischni Nowgorod leben. Mittwochs bringen sie die Rohlinge auf den Markt in Ismailowo. Man kann die Rohlinge nach Entwürfen bestellen. Karina bemalt die Figuren zu Hause.

Für sie gibt es jedoch nicht nur den Markt in Ismailowo. Sie wird auch eingeladen, Workshops durchzuführen. Dort können sich auch Interessenten für ihre Arbeiten finden, die dann auf den Kunstgewerbemarkt kommen. Sie beteiligt sich auch an Märkten, die verschiedene Botschaften veranstalten. Einmal war sie sogar auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Roten Platz, als er gerade erst begann stattzufinden. Damals bekamen die Verkäufer von Volkskunstwaren kostenlose Stände zugewiesen. Später kostete ein Platz viel mehr als auf dem Markt von Ismailowo.

Weniger Ausländer, mehr Russen

Hauptsächlich kauften immer Ausländer bei Karina und ihren Kollegen. Im Frühling erwarben sie Eier, im Sommer Matrjoschkas, im Herbst und Winter Weihnachtsschmuck. Und sie priesen unter ihren Landsleuten den Kunstgewerbemarkt in Ismailowo an. „Ihnen gefällt die Kunst, sie lieben die Volkskunst“, sagt Karina, „unter ihnen gibt es wahre Fans des Weihnachtsschmucks.“ Dann kam die Pandemie, und der Strom der ausländischen Touristen versiegte. Das laufende Jahr nahm Ismailowo sogar die Expats, die bisher in Moskau lebten.

Und so gibt es jetzt mehr Russen auf dem Markst „Er hat sich schnell auf den russischen Käufer umorientiert. Es macht nichts, dass er weniger Geld auszugeben bereit ist, das ist nicht schlimm“, meint die Malerin, „möglicherweise schätzen die Russen Handarbeit weniger als die Ausländer. Ich denke, weil sie weniger Geld haben. Obwohl viele für Neujahr Souvenirs aus Gschel-Keramik und Holzarbeiten kaufen. Eine Figur kostet um die 200 Rubel. Das können sich die Leute leisten.“ (ca. 3 Euro, Anm. d. Red.)

„Unser Markst ist so schön, kommt mit der ganzen Familie her“, wirbt Karina. Beim Verlassen des Kunstgewerbemarktes kaufe ich bei einem anderen Meister ein kleines Set aus sechs hölzernen Weihnachtsfiguren für 1000 Rubel.

Olga Silantjewa

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