Palast-Revolution

Der Moskauer Pionierpalast hat das Aus der Pionierorganisation im Jahr 1990 überlebt. Jetzt soll er nach abgeschlossener Rekons­truktion für künftige Pioniertaten gewappnet sein.

Das restaurierte Mosaik „Junge Leninisten“ über dem Haupteingang (Foto: Tino Künzel)

Von der Sowjetunion lernen, das hieß in der DDR auch, Pionierhäuser und -paläste nach sowjetischem Vorbild zu eröffnen. Nach der Wende bekamen sie nicht nur einen anderen Namen, sondern auch ihre alte Bestimmung zurück oder wurden neu ausgerichtet. Dass das Freizeit- und Erholungszentrum FEZ in der Berliner Wuhlheide einmal der Pionierpalast „Ernst Thälmann“ war und Schloss Al­brechtsberg in Dresden der Pionierpalast „Walter Ulbricht“, dürften schon jetzt viele nicht mehr wissen.

Auch der Moskauer Pionierpalast auf den Sperlingsbergen (Kossygin-Straße 17) hat einige Umbenennungen erlebt. Doch an die Zeit, als die Erhebung südwestlich des Stadtzentrums noch als Leninberge firmierte, pflegt man sich in Russland bekanntlich sehr viel positiver zu erinnern als in einigen anderen früheren Sowjetrepubliken. Deshalb stört sich offenbar auch niemand an den Pionieren im Namen der Einrichtung, eher im Gegenteil.

Organisierte Freizeitgestaltung mit Anspruch

Der Pionierpalast ist Russlands größtes Zentrum für außerschulische Aktivitäten. Nach Angaben der Stadt sind hier 16.000 Kinder und Jugendliche an mehr als 1500 Interessengemeinschaften eingeschrieben. Und dabei geht es durchaus ernsthaft zu. Die Internetzeitung Moslenta zitiert den Professor Alexej Bobrow, der am Palast die Sparte Umwelterziehung leitet: „Ich möchte mich gleich an die Eltern wenden. Im Pionierpalast muss man mitmachen, lernen und kommunizieren wollen. Heutzutage sind ja viele an ein anderes Format gewöhnt, das bloße Berieselung beinhaltet. Bei uns ist das anders.“

Gebaut wurde der Pionierpalast von 1958 bis 1962 als eine der ersten Anlagen der sowjetischen Architekturmoderne. Modern war er für die damalige Zeit aber in vielerlei Hinsicht: mit Glaskuppeln, Wintergarten, Planetarium, Observato­rium, Konzertsaal, Vorlesungssälen, Werkstätten und anderem mehr. Nun wurden sämtliche Gebäude und die 44 Hektar Außengelände erstmals grundlegend rekonstruiert und modernisiert. Künftig soll man sich hier beispielsweise auch mit künstlicher Intelligenz, Kryptografie und autonomem Fahren beschäftigen können.

Tino Künzel

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