Kopfhörer ab, Ohren auf!

Eine Initiative der Moskauer Transportbehörde kommt nicht nur super bei den Passagieren an, sondern bietet auch eine Bühne für lokale Musiker. Das Pilotprojekt soll nun langfristig verlängert werden.

Metro

Im Vorbeigehen:  Ljubow Tolkunowa und Dimitrij Fomin in Aktion. Hier an der Metro Kurskaja / Alina Bertels.

Dieser Tage in der Moskauer Metro unterwegs, lohnt es sich, die Kopfhörer zwischendurch mal von den Ohren zu nehmen. Denn dank der Aktion „Musik in der Metro“ kann man so statt Tonbandsound in den Genuss von lebendiger Musik kommen. Damit bietet die städtische Transportbehörde Künstlern eine offizielle Plattform in den unterirdischen Palästen. Bisher sind es mit der Kurskaja, Majakowskaja und Wystawotschnaja drei Stationen, an denen es was auf die Ohren gibt.

Das Format: Interessierte Musiker bewerben sich mit einer Hörprobe bei einer Jury der städtischen Kulturbehörde. Die besten Künstler erhalten daraufhin eine einjährige Lizenz zum Spielen. In dieser Zeit können sie sich über die Metro-Webseite Termine an den jeweiligen Stationen sichern.

Damit folgt Moskau dem europäischen Vorbild von Metropolen wie London, Paris oder Barcelona. Jedoch gibt es etwas, was diese eben nicht haben. „Die Moskauer Metro ist einfach die Schönste der Welt“, behauptet Mitorganisatorin Olesja Michailowa. Dieser Kulisse sollen die Künstler nun gerecht werden.

Und das Interesse von Seiten der Künstler ist riesig. Aus über 1000 Bewerbungen im ersten Durchgang setzten sich 30 Bands durch. So entstand ein bunter Mix aus klassischen Musikern, Popbands, Solokünstlern und experimentellen Gruppen. Unter ihnen auch viele Straßenmusikanten, die so ihr täglich Brot verdienen. Einer von Ihnen ist Nikita Skiba. Er spielt in der Metro zusammen mit seinem Bandkollegen unter dem Namen „Altoronado“. Auf Violine und Gitarre performen die beiden instrumentale Versionen bekannter Popsongs und so manche eigene Kreation. Sein Vater kaufte Nikita schon vor seiner Geburt die erste Violine, und es scheint, als hätte der 23-Jährige sie seit seiner Kindheit auch nur selten aus der Hand gelegt. Das Projekt in der Metro nimmt er dankend an: „Die Passanten in der Metro bleiben meist viel länger stehen als auf der Straße, manche fangen sogar an zu tanzen.“ Auch Ljubow Tolkunowa und Dimitrij Fomin leben von der Straßenmusik. Die befreundeten Musiker haben sich für das Metroprojekt zusammengetan und geben Coversongs zum besten. Im Gitarrenkoffer steht ein Schild mit den Instagram-Hashtags ihrer Bands, da viele der Vorbeigehenden mit ihren Smartphones knipsen oder filmen. „Das Echo in den sozialen Medien ist enorm“, meint Ljubow. Doch das Schönste an der Sache:  „Selbst wenn sie nicht stehen bleiben, gehen sie meist mit einem Lächeln auf den Lippen weiter.“

Eine langfristige Verlängerung des Pilotprojektes über September hinaus sei laut Michailowa nur noch „Formsache“, die Auswahl von weiteren Metrostationen sei geplant. Der Spielplan ist übrigens ganz bequem online einsehbar.

Alina Bertels und
Christopher Braemer

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