Ein letzter Zug: Russland kämpft gegen den Tabakgenuss

Die Russen sollen gesund leben, so plant es die Regierung. Sie will den Menschen im Land das Rauchen abgewöhnen und Tabak in ferner Zukunft sogar ganz verbieten. Immer strenger werden die Auflagen und immer teurer wird die qualmende Sucht. Und die Maßnahmen zeigen Wirkung. Die Zahl der Raucher sinkt.

Rauchen

Zigaretten sollen in Russland keine Zukunft haben © pxhere.com

Russland war einmal ein Raucherparadies. Zigaretten und viel zu starken Tabak gab es fast an jeder Ecke zu beinahe lächerlichen Preisen zu kaufen. Es war die Zeit, als es eine Art Volkssport war, Kippen zu schnorren. Die Russen dürsteten geradezu nach Nikotin. Bei jeder Gelegenheit und an jedem Ort frönte man seiner Sucht. Betrat man ein Restaurant oder so manches Büro, musste man sich zu seiner Verabredung oder seinem Gesprächspartner erst durch einen grauen Schleier schneiden.

Heute hat sich das Bild weitgehend gewandelt. Die Zigarettenschnorrer gibt es zwar immer noch, aber immer weniger Menschen, die in ihrer Tasche einen Nikotinstengel haben. Das liegt nicht nur an einer geänderten Einstellung zum Leben, sondern auch an konkreten Maßnahmen der russischen Regierung. Denn sie will dem Volk Gesundheit verordnen.

Rauchverbote gibt es an vielen Ecken

Seit 2014 wird aktiv gegen den Tabakkonsum vorgegangen. Seitdem darf nicht mehr nach Herzenslust überall gequalmt werden. Der Bewegungskreis von Rauchern wurde massiv eingeschränkt – Restaurants, öffentliche Gebäude, Züge, Haltestellen, alles das ist tabu.

Besonders bitter dürfte für einige sein, dass der Staat es nicht einmal zulässt, in Handschellen noch schnell eine durchzuziehen. Immerhin: Ein zwischenzeitlich diskutiertes generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit wurde als zu riskant wieder verworfen.

Damals, 2014, nahm auch das Verbot von Tabakwerbung seinen Anfang. Selbst in Läden dürfen Zigaretten nicht mehr einsehbar sein. Statt verlockend bunter Schachteln herrscht dort tristes Grau. So traurig soll es sein, das Leben der Raucher in Russland.

Die wirkungsvollste Maßnahme, den Menschen das Rauchen abzugewöhnen, ist aber der Griff ins Portemonnaie. Preiserhöhungen haben auch in Deutschland schon teilweise funktioniert. So steigen die Ausgaben für den Tabakgenuss seit mehreren Jahren. Das liegt in erster Linie an den Verbrauchssteuern, die 2018 um zehn Prozent gestiegen sind und in diesem noch einmal um neun Prozent zulegen. In Rubel ausgedrückt bedeutet dies, dass eine Packung Zigaretten ungefähr sechs Rubel (sieben Cent) mehr kosten wird als noch 2018. Mit durchschnittlich 119 Rubel (1,55 Euro) pro Schachtel kostet die Nikotinsucht damit doppelt so viel wie noch 2012. Bald soll der Preis auf 200 Rubel (2,60 Euro) steigen. Und das geht den Menschen allmählich ins Geld. 54.000 Rubel (700 Euro) gab der durchschnittliche russische Raucher im Jahr 2018 für Zigaretten aus. Wie die Nachrichtenagentur TASS errechnete, könnte man dafür ein halbes Jahr Englisch-Nachhilfe nehmen. Sicher eine lohnenswerte Investition.

Die Maßnahmen zeigen Wirkung

Die Maßnahmen der russischen Regierung zeigen bereits Erfolge. Die Zahl der Raucher im Land ist rückläufig. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts WZIOM griffen 2010 noch 41 Prozent der Russen zur Zigarette, 2015 waren es noch 35 Prozent und 2018 nur noch 29 Prozent. Damit hat sich Russland Deutschland in der Zahl der Raucher angeglichen. Denn auch dort waren trotz hoher Preise und jahrelanger Kampagnen im Jahr 2018 immer noch 28 der Bevölkerung dem Tabakkonsum zugeneigt, fand das „Deutsche Ärzteblatt“ heraus.

Interessant ist, dass der Rückgang der Raucherzahlen in Russland auf das Konto der Männer geht. Frauen haben hingegen in den letzten Jahren die Lust am Rauchen entdeckt. 14 Prozent der weiblichen Bevölkerung kauften und verbrauchten 2016 Tabakwaren. 1994 waren es noch neun Prozent. Das liege vor allem an den „Damenzigaretten“, dünnen Zigaretten, oft mit Geschmacksstoffen versetzt, erklärte Maxim Koroljow, Leiter der Nachrichtenagentur „Russkij tabak“, gegenüber der Wirtschaftszeitung RBK den Anstieg.

In Zukunft ganz ohne Tabak?

Die russische Regierung gibt sich mit dem Erreichten nicht zufrieden. Gesundheitsministerin Weronika Skworzowa sprach im Oktober 2018 davon, dass man das Rauchen „entnormalisieren“ müsse. Im Dezember präsentierte ihr Ministerium einen Plan, die Zahl der Raucher in Russland in den nächsten 30 Jahren auf fünf Prozent zu senken.

Dazu sollen die Steuern auf europäisches Niveau angehoben und die Orte, an denen geraucht werden darf, weiter reduziert werden. Auch die Schachteln, die sich ja bereits hinter grauen Wänden verstecken, sollen ihre leuchtende Anziehungskraft verlieren und nach dem Vorbild Australiens und Großbritanniens neutral in weiß erscheinen.

Der Plan des Gesundheitsministeriums sieht auch vor, im finalen Akt den Verkauf von Tabak nach 2050 vollkommen zu verbieten. Die einstige Volksdroge wäre damit, wie manch anderes berauschendes und beruhigendes Mittel, in der Illegalität angekommen.

Daniel Säwert

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