Das Rechtsforum in St. Petersburg lieferte eine Menge Denkstoff

Jede Veranstaltung, die Fachleute aus einer Branche zusammenbringt, ist potenziell interessant und zieht die Aufmerksamkeit von Journalisten, Bloggern und anderen Kommentatoren auf sich. Aber das 13. Internationale Rechtsforum in St. Petersburg ist ein besonderes Ereignis. Und es ist klar, warum: Wenn man den Reden der Konferenzteilnehmer zuhört, kann man sich die Richtung der Entwicklung des Landes deutlich vorstellen.

Rechtsforum in St. Petersburg
Die Taliban nahmen am Rechtsforum in St. Petersburg auch teil. (Foto: photo.roscongress.org)

Es sei erwähnt, dass die Tagesordnung des 13. Internationalen Rechtsforums, das Ende Mai in St. Petersburg stattfand, sehr umfangreich war. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Diskussion in der Sitzung „Notarielle Form zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit von Immobilienumsätzen“ in die Geschichte eingehen wird. Der Fokus lag auf den Themen, die man auch ohne Jura-Ausbildung verstehen kann. 

Die Geschichte neu aufarbeiten

Nicht umsonst lautete das Motto des Forums „Recht: Lehren aus der Vergangenheit für die Welt der Zukunft“. So kehrte Justizminister Konstantin Tschuitschenko gedanklich zu den Ereignissen vom Dezember 1825 zurück: „Leider war die Monarchie sehr liberal und, ich würde sagen, übermäßig edel. Wenn wir uns ansehen, wie die Dekabristen für ihre Rebellion bestraft wurden… Einerseits ruft dies großen Respekt für den Alleinherrscher hervor, andererseits illustriert es wahrscheinlich eine gewisse Schwäche seines und des politischen Regimes.“ Es sei daran erinnert, dass fünf Anführer des Aufstandes gehängt und 120 weitere zu Schwerstarbeit nach Sibirien verschleppt wurden. Die Botschaft des Ministers ist klar, aber es hätten auch jüngere Beispiele gefunden werden können, um über die Konsequenzen der militärischen Meuterei zu berichten.

Tschuitschenko
Der russische Justizminister Konstantin Tschuitschenko sorgte während des Forums für Schlagzeilen. (Foto: photo.roscongress.org)

Auch Anton Kobjakow, Berater des russischen Präsidenten, äußerte sich zu juristischen Fehlern der Vergangenheit: „Die Sowjetunion existiert rechtlich irgendwo. […] Denn das Verfahren der sogenannten Auflösung der UdSSR wurde verletzt“. Und er zieht sogleich eine rechtlich abgesicherte Schlussfolgerung: „Aber wenn die Sowjetunion nicht aufgelöst ist, dann ist die Ukrainekrise logischerweise und vom rechtlichen Standpunkt aus gesehen ein interner Prozess.“

Die Taliban teilen ihre Erfahrungen

Abdul Hakim Sharayi, Leiter des afghanischen Justizministeriums, (am 17. April 2025 setzte der Oberste Gerichtshof Russlands das Verbot der Taliban-Aktivitäten im Land aus) nutzte die Konferenz für einen Erfahrungsaustausch. Er meinte: „Gerechtigkeit und Aufsicht im Einklang mit der islamischen Scharia garantieren den Sieg der Wahrheit, die Ausrottung der Korruption und Rechtsansprüche für alle, die sie brauchen.“

Die Russen wissen wenig über die Strafverfolgungspraktiken in Afghanistan, aber Informationen über einige rechtliche Neuerungen in dem Land tauchen in den russischen Medien auf. Die aktuellste: Die Taliban verlangten von Besitzern von Kickerspielen, die Figuren der Fußballspieler zu enthaupten, weil sie Götzen ähnelten.

Die in St. Petersburg versammelten Rechtsgelehrten waren auch über das Problem der Vielehe besorgt. Der Islam erlaubt sie, das weltliche Recht verbietet sie jedoch. Der Rektor der Universität St. Petersburg, Nikolai Kropatschow, ließ diesen Konflikt nicht außer Acht und bemerkte, „dass jeder, der zu diesem Thema sprach, in diesem Moment träumerisch lächelte“.

Die höchste Priorität hat der Staat

Die Revision der Geschichte, die Berücksichtigung der Erfahrungen der Länder, die ihr Rechtssystem nicht auf dem römischen Recht aufbauen, und viele weitere Merkmale skizzieren erneut die Entwicklungsrichtung. Konstantin Tschuitschenko: „Früher haben wir immer gesagt, dass es in erster Linie darum geht, die Rechte und legitimen Interessen der Bürger zu sichern, dann die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten und als Drittes den Staat zu stärken. Alles, was jetzt geschieht, zeigt, dass wir die Stärkung der Staatlichkeit nicht an dritte Stelle setzen dürfen, denn ein schwacher Staat wird niemals in der Lage sein, die Rechte unserer Bürger und die Rechtsstaatlichkeit angemessen zu gewährleisten“.

Igor Beresin

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