Auch Krasnodar will sich eine Metro zulegen

Im südrussischen Krasnodar erhalten Gedankenspiele um den Bau einer Metro regelmäßig neue Nahrung. Jetzt wurden in einem Bericht sogar konkrete Zahlen genannt. Doch mit Blick auf die Erfahrungen anderer Städte ist Skepsis angebracht.

Blick auf einen Randbezirk von Krasnodar und den Kuban-Fluss (Foto: Wikimedia Commons)

Krasnodar wächst und wächst. In den zurückliegenden 20 Jahren hat sich die Einwohnerzahl der Stadt, die das Tor zu Russlands Schwarzmeerküste darstellt, nahezu verdoppelt und liegt nun bei mehr als 1,1 Millionen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen, im Gegenteil: Am nordöstlichen Stadtrand soll „Neu-Krasnodar“ gebaut werden, ein ganz neuer Stadtteil für weit über eine Viertelmillion Menschen.

Zahlen zum Projekt

In diesem Zusammenhang wird seit dem vorigen Herbst auch der Bau einer U-Bahn diskutiert. Die Stadt hat sich mehr oder weniger dazu bekannt, die Planung läuft offenbar bereits, scheint allerdings noch in den Anfängen zu stecken. Insofern kam es etwas überraschend, dass eine Vertreterin des Wirtschaftsministeriums der Region Krasnodar dem Internetportal „Kuban Inform“ konkrete Eckdaten nannte, was wohl angedacht ist. Demnach soll die Metro eine Gesamtlänge von 25,6 Kilometern aufweisen, was sie zur drittlängsten in Russland nach Moskau und St. Petersburg machen würde. Hergestellt würde damit eine Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof Krasnodar-1 und dem Flughafen Paschkowski, der allerdings seit Februar 2022 geschlossen ist. Die Bauzeit wäre auf sechs Jahre veranschlagt.

Weitere Fristen wurden in dem Bericht nicht genannt. Dass auch nur annähernd feststeht, wann mit den Arbeiten begonnen werden könnte, ist unwahrscheinlich. Noch immer scheint offen, ob das Projekt überhaupt realisiert wird. Was andere russische Städte damit für Erfahrungen gemacht haben, taugt nicht gerade als Mutmacher.

Meist ein Schattendasein

U-Bahnen existieren in sieben Städten. Doch nur in Moskau und St. Petersburg kann guten Gewissens von einem Netz die Rede sein. Die Metros von Nischni Nowgorod, Kasan, Nowosibirsk, Jekaterinburg und Samara spielen im dortigen Nahverkehr eine untergeordnete Rolle. Mit ein bis zwei Linien und zwischen neun und 15 Stationen wirken sie wie Experimente, die nicht aufgegangen sind. Überall wurden schon seit langem keine neuen Stationen mehr eröffnet. Ob der Stellenwert dieses Verkehrsmittels eines Tages noch wächst, steht in den Sternen.

Und dabei handelt es sich noch um die hoffnungsvolleren Beispiele. Anderswo ist der Metrobau gleich ganz gescheitert. In der sibirischen Millionenstadt Omsk wurde er 2014 nach zwölf Jahren abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt waren eine Station und eine kombinierte Straßen- und Metrobrücke über den Irtysch fertiggestellt. 2019 wurde beschlossen, den Bauzustand zu konservieren.

In Perm wurden entsprechende Pläne schon in den 1980er Jahren aufgegeben, in Ufa in den 1990er Jahren. In Rostow am Don hätte es in den 2010er Jahren ernst werden können, sogar von einer Eröffnung 2020 war schon die Rede. Doch letztlich verlief auch dieses Unterfangen im Sande.

U-Tram als Alternative

Die hohen Kosten und langen Bauzeiten einer U-Bahn lassen ein abgespecktes Format attraktiver erscheinen, wie es in Wolgograd in Gebrauch ist. Dort verkehrt eine Rapid Tram zum Teil auch unterirdisch. 1984 eröffnet und 2011 verlängert, befinden sich von insgesamt 40 Stationen fünf unter der Erde. Eine U-Straßenbahn wird auch in Krasnojarsk (wieder) gebaut und soll wohl 2026 ihren Betrieb auf rund 13 Kilometern aufnehmen. Der erste Spatenstich war bereits 1995 erfolgt, doch die Bauarbeiten gerieten immer wieder ins Stocken. Eine Metrotram ist jetzt auch in Krasnodar im Gespräch und könnte die Chancen erhöhen, dass diesem Projekt mehr Glück beschieden ist als anderen.

Tino Künzel

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