Fixpunkt am Fünf-Sterne-Himmel: 25 Jahre Baltschug Kempinski in Moskau

Das Baltschug Kempinski Moskau hat in Russland Hotelgeschichte geschrieben: Bei seiner Eröffnung war es das erste internationale Fünf-Sterne-Haus im Lande. Zumindest in eigener Sache gibt es jetzt wieder Historisches zu vermelden: Das Luxushotel vis-à-vis vom Roten Platz feiert 25 Jahre seines Bestehens. Der deutsche Hotelchef Oliver Eller, 51, spricht im Interview über den Wandel der Zeiten in seinem Haus, in der Branche und in Moskau.

Das Herz von Moskau mit dem Kreml, dem Roten Platz und dem Hotel Baltschug Kempinski (links). / Baltschug Kempinski

Herr Eller, wo waren Sie im Herbst 1992, als das Hotel Baltschug Kempinski seine ersten Gäste begrüßte?

Da stand ich ganz am Anfang meiner Berufslaufbahn und hatte gerade meinen Job als Assistant Manager für Front Office im Intercontinental Miami angetreten. Ich träumte von einer internationalen Karriere in der Luxushotellerie. 25 Jahre später kann ich sagen: Ich habe auf vier Kontinenten gearbeitet und bin glücklich, heute ein so berühmtes Flaggschiff russischer Gastfreundschaft wie das Baltschug Kempinski zu führen.

Wie feiert man ein Vierteljahrhundert Hotelgeschichte?

25 Jahre sind schon ein Meilenstein. Wir haben die Gelegenheit genutzt, uns nicht nur selbst zu feiern, sondern unsere Freunde und Partner für einen guten Zweck zusammenzubringen und als Höhepunkt unseres Festjahres einen großen Wohltätigkeitsball zu Gunsten des Moskauer Kinderhospizes „Haus mit Leuchtturm“ zu veranstalten. Insgesamt haben wir dieses Jahr mehr als 8,4 Millionen Rubel für die dortigen Kinder eingesammelt.

Sie selbst sind im Sommer 2014 als Direktor vom Berliner Adlon nach Moskau gewechselt. Gibt es vielleicht ein gutes Buch, das Ihnen dabei geholfen hat, die Vergangenheit des Hotels vor Ihrer Zeit zu rekapitulieren?

Es gibt tatsächlich ein Buch, das dem Standort des Hotels und der Geschichte des Gebäudes gewidmet ist: Im kommenden Jahr wird das Haus 120 Jahre alt. In der Gegend ließ Iwan der Schreck­liche einst das allererste russische „Kabak“ (Wirtshaus) errichten. Das heutige Hotel beherbergte Ende des 19. Jahrhunderts Ateliers namhafter russischer Maler. Zu Sowjetzeiten war es dann bereits Hotel, zuerst unter dem Namen „Nowomoskowskaja“, später als „Bukarest“. Was die jüngere Vergangenheit betrifft: Die habe ich selbst hautnah verfolgen können, weil ich bereits von 2005 bis 2010 in Moskau tätig war. Einen Fundus all der Geschichten, die mit dem Baltschug Kempinski verbunden sind, stellen aber auch unsere Mitarbeiter dar: Einige von ihnen sind sogar von Anfang an dabei.

Hoteldirektor Oliver Eller / Baltschug Kempinski

Sie hatten in Ihrem Hotel drei Vorgänger, der erste davon war der 2004 verstorbene Hans Sebesta. Wenn Sie ihm heute eine Frage stellen könnten, welche wäre das?

Ich bin mir sicher, dass wir uns viel zu erzählen hätten. Mein größter Wunsch aber wäre, Herrn Sebesta für sein herausragendes Engagement in den ersten zwölf Jahren unseres Hotels zu danken. Er war ein echter Pionier seiner Zeit, ein leidenschaftlicher Hotelier und sehr angesehener Chef.

Speziell die 90er Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion sollen eine wilde Zeit in Russland gewesen sein. Hat sich das auch auf den Hotelbetrieb ausgewirkt?

Langjährige Angestellte erinnern sich trotz aller Schwierigkeiten mit Nostalgie an diese Zeit. Das Baltschug hatte damals fast keine Konkurrenz auf dem Markt. Für viele Russen wurde es zum Symbol des Aufbruchs in eine neue wirtschaftliche Ära und für viele Ausländer zur ersten Station, von der aus sie sich Russland als ein neues Land auf der Weltkarte erschlossen.

Wovon war die Entwicklung der hiesigen Hotelbranche seitdem geprägt?

Heute können Sie Moskau als Reiseziel ohne weiteres mit London, Paris, New York oder Tokio vergleichen. Die Konkurrenz wächst mit jedem Jahr. Digitale Präsenz ist unglaublich wichtig geworden. Gästefeedback bekommen wir rund um die Uhr, das ist heuzutage ein Schlüsselkriterium für den Erfolg eines Hotels. Kunden geben ihre Bewertungen ab und beeinflussen so die Marktposition eines Hauses.

Wie laufen die Geschäfte vor dem Hintergrund des in vielerlei Hinsicht gestörten Ost-West-Verhältnisses und der schwierigen wirtschaftlichen Lage?

In den letzten zwölf Monaten sind die Euro-Einnahmen von Luxushotels in der Stadt um mehr als 15 Prozent gestiegen. Der gestärkte Rubel war einer der Gründe für positive Tendenzen. Gleichzeitig beobachten wir eine wachsende Beliebtheit von Moskau als Urlaubsziel. Außerdem werden die wichtigen Entscheidungen in Russland nun mal in der Hauptstadt getroffen, die auch das Zentrum des internationalen Geschäftslebens bleibt.

Obwohl es inzwischen etliche Luxushotels in Moskau gibt, ist und bleibt das Baltschug Kempinski etwas Besonderes. / Baltschug Kempinski

Wenn Sie Moskau heute mit den Bedingungen vergleichen, die Sie bei Ihrer ersten Dienstzeit vorgefunden haben, wie stark ist der Kontrast?

Die Stadt ist viel internationaler geworden. Die Moskauer sind inzwischen auch selbst viel gereist, schätzen aber gleichzeitig ihr historisches und kulturelles Erbe mehr als zuvor. 2005 konzentrierten sich die Restaurants hauptsächlich auf internationale Küche, Moskau war vor allem eine Autometropole und für Fußgänger weniger geeignet. Die Stadt war auf Englisch schlecht ausgeschildert. Heute sieht man, wie viel sich seitdem getan hat. Die Infrastruktur ist bürgerfreundlich, man ist bequem zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, es wird strukturierter geparkt und an englischsprachigen Schildern mangelt es in der Innenstadt und in der Metro auch nicht mehr. Eine beträchtliche Zahl an Parks, Museen und Galerien ist noch hinzugekommen. Moskau ist sehr sauber und in Festzeiten toll geschmückt. Durch den Aeroexpress sind seit 2005 die Flughäfen besser erreichbar, auch alle internationalen Online-Taxidienste sind heute verfügbar. Restaurants mit neuer russischer Küche stehen derzeit besonders hoch im Kurs. In Moskau gibt es mehrere Restaurants, die zuletzt in die Liste der 50 besten Restaurants der Welt aufgenommen wurden.

Wagen Sie einen Ausblick auf die nächsten 25 Jahre Baltschug Kempinski?

In Hotels dreht sich alles um die Vorlieben der Gäste. Ich wünschte, ich könnte sie auf lange Sicht vorhersehen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir uns auf jeden Fall auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen werden, welche das auch immer sein mögen. Ich bin überzeugt, dass neue Technologien die Art und Weise des Reisens verändern werden, der Gast aber immer im Mittelpunkt stehen und persönlicher Service der Schlüssel zum Erfolg für ein Hotel bleiben wird.

Die Fragen stellte Tino Künzel.

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