
Es begann mit ein paar alten Fotos von glamourösen Hollywoodstars: Vor neun Jahren kolorierte Olga Schirnina nach der Arbeit zum ersten Mal einige Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Internet. Die stundenlange Tüftelei habe ihr Lust auf mehr gemacht, erzählte die studierte Deutsch-Übersetzerin später der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. „Es war interessant, historische Persönlichkeiten wie lebendige Menschen aus Fleisch und Blut zu sehen.“
Die Künstlerin Lilja Brik auf dem sowjetischen Werbeplakat „Bücher“, 1924 . (Color by Klimbim) Arbeiter und Chefin, Autofabrik, Moskau, 1954.(Color by Klimbim) Junge Pionierführerin, 1938. (Color by Klimbim)
Schirnina studierte Fotobücher, besuchte Kurse, schaute Tutorials und bildete sich in ihrem Hobby immer weiter. Bald tauschte sie sich auch mit anderen Koloristen in Online-Foren aus. Fotos von westlichen Leinwandgrößen sollten ihr schon bald nicht mehr genügen. Und so wandte sich die Foto-Enthusiastin Abbildungen von Revolutionären, Staatsmännern, Künstlern der russischen Geschichte zu. Aber auch einfachen Menschen, längst vergangenen Alltagsszenen und Kriegsfotos verlieh sieh nun Farbe.
Nikita Chruschtschow während der sogenannten Neuland-Kampagne in einem kasachischen Getreidefeld, 1964. (Color by Klimbim) Ein Geschenk vom Klassenfeind: Juri Gagarin und sein französischer Sportwagen Matra Bonnet Djet VS, 1965. (Color by Klimbim)
„Ich interessiere mich für die russische Geschichte, die mit ihren dramatischen und katastrophenreichen Ereignissen auf den Lauf des Landes und der ganzen Welt einwirkten“, erläuterte Schirnina. Manchmal erzähle eine Fotografie mehr als tausend Worte. „Ich freue mich, wenn Menschen durch das Kolorieren etwas Neues über Russland lernen.“

Sowjetpolitiker Grigori Sinowjew bei einer Rede in Baku, 1920. (Color by Klimbim) Sieg: Die sowjetische Flagge weht auf dem Reichstagsgebäude, 2. Mai 1945. (Color by Klimbim)
Für ihre Arbeiten musste die Fotokünstlerin, die im Internet unter dem Pseudonym „Klimbim“ auftritt, anfangs heftige Kritik einstecken. Vor allem die kolorierten Kriegsbilder waren für viele Russen zunächst ungewohnt und erzürnten so manchen Puristen. Militärexperten schimpften über ungenaue Farbtöne und Detailfehler. Doch mittlerweile ist die Skepsis abgeklungen, Olga Schirnina gehört längst zu den bekanntesten Koloristen Russlands. Ihre retuschierten Bilder waren bereits in einer Schau in der Duma zu sehen und werden auch in Ausstellungen gezeigt.
Russische Kavallerie bei einer Übung, 1912. (Color by Klimbim) Die ersten Passagiere der Moskauer Metro, 1935. (Color by Klimbim) Arbeitseinsatz im Gorki-Park, 1934. (Color by Klimbim) Ein Fischer vom Volk der Mansen aus Westsibirien mit einem Fischspeer, 1908. (Color by Klimbim)
Birger Schütz