Der russische Föderale Steuerdienst verzeichnete Ende 2023 offiziell 539 000 Russen, die Konten bei ausländischen Banken im Ausland hatten, das sind 70 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, schreibt RBC unter Bezugnahme auf die Präsentation „Ergebnisse der Tätigkeit des Föderalen Steuerdienstes Russlands“ für das vergangene Jahr. Der Föderale Steuerdienst erhält Daten über ausländische Kontoinhaber im Rahmen des jährlichen automatischen Informationsaustauschs mit dem Ausland, der nach eigenen Angaben der Steuerbehörde in den letzten zwei Jahren wesentlich schwieriger geworden ist.
Im Rahmen des automatischen Austauschs von Steuerinformationen im Jahr 2023 erhielt der Föderale Steuerdienst Daten über 1,825 Millionen Auslandskonten russischer Steuerpflichtigen. Diese Zahl ist um 164 Prozent (d. h. das 2,6-Fache) im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Systematisch geben die Steuerbehörden keine Informationen über die Anzahl der Auslandskonten bekannt: Das letzte Mal wurden solche Daten Anfang 2021 veröffentlicht – damals waren es 700 000 Konten für mehr als 13 Billionen Rubel (damals etwa 140 Milliarden Euro) und 400 000 Kontoinhabern.
Auf einen russischen Steuerpflichtigen mit Auslandskonten entfielen 2023 durchschnittlich 3,4 Finanzkonten im Ausland. Dieser Anstieg ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Russen 2022 in befreundeten Ländern aktiv nach einem Ersatz für die weggefallenen Visa und Mastercard für Zahlungen bei Auslandsreisen suchten, glauben Experten. Nach Angaben der russischen Zentralbank überwiesen die Russen im Jahr 2022 einen Rekordbetrag von 1,47 Billionen Rubel (etwa 14 Milliarden Euro) ins Ausland. Anfang 2024 hielten die Russen laut Statistik der Zentralbank den Gegenwert von 6,7 Billionen Rubel (etwa 67 Milliarden Euro) im Ausland. Wie die Aufsichtsbehörde selbst erklärte, spiegelt dieser Betrag jedoch nicht das tatsächliche Geldvolumen auf den Auslandskonten der Russen wider: Die Zentralbank sieht, dass das Geld ins Ausland fließt, verfolgt aber nicht, wofür es später verwendet wird (parallele Importkäufe oder die täglichen Ausgaben derjenigen, die ins Ausland gegangen sind). Der automatische Umtausch hat eine gewisse Auswirkung auf die Füllung des Haushalts: Nach Angaben des Föderalen Steuerdienstes erhielt der Fiskus im Zeitraum von 2021 bis 2023 3,5 Milliarden Rubel (etwa 35 Millionen Euro) an Einkommensteuer.
Nach der Verhängung von Sanktionen gegen Russland, die die finanzielle Zusammenarbeit mit Russland einschränkten oder in einigen Fällen untersagten, wurde der Austausch von Steuerinformationen mit „unfreundlichen“ Ländern komplizierter. Im Gegensatz dazu hat sich der Austausch mit befreundeten Ländern intensiviert. So tauschte Russland im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs mit den Steuerverwaltungen Armeniens, Aserbaidschans, Weißrusslands, Kasachstans, Kirgistans und Tadschikistans Informationen über das Einkommen natürlicher und juristischer Personen, gezahlte Steuern sowie Informationen über Vermögen für 2022 aus.
Heute üben die USA einen starken Druck auf Finanzinstitutionen in immer mehr Ländern aus, in die russisches Kapital umgeleitet wird, so dass sie sich aus Angst vor Sekundärsanktionen weigern müssen, mit Russen zusammenzuarbeiten. Dies gilt auch für durchaus befreundete Staaten. Einige Experten gehen aber davon aus, dass die Zahl der russischen Auslandskonten in naher Zukunft nicht abnehmen wird. Ob die Aufsichtsbehörden jedoch Informationen über alle diese Konten erhalten werden, bleibt eine offene Frage.
Alexej Karelski