Saratow jetzt zweitgrößte Stadt Russlands

Das muss Saratow erst einmal jemand nachmachen: Die Stadt ist zuletzt um fast das Sechsfache gewachsen – und zwar über Nacht. Vom 31. Dezember auf den 1. Januar kletterte sie nach Fläche auf Platz zwei in Russland.

Saratow ist seit diesem Jahr ein ganzes Stück ländlicher als vorher. (Foto: Tino Künzel)

Die Wolga kommt auf ihren 3530 Kilometern an zahllosen Ortschaften vorbei. Aber 100 Kilometer Uferlinie entfallen seit Neuestem auf eine einzige Stadt: Saratow. Die Regionalhauptstadt gut 700 Kilometer südöstlich von Moskau hat mit dem Jahreswechsel eine erstaunliche Gebietsreform vollzogen. Sie schluckte den gesamten Saratower Landkreis, womit sich ihre Fläche nahezu versechsfachte – von 394 auf 2342 Quadratkilometer. Auf einen Schlag eingemeindet wurden 79 Dörfer und Kleinstädte.

Einwohnerzahl steigt kaum

Damit machte Saratow einen Sprung auf Platz zwei der größten Städte Russlands und schob sich zwischen Moskau (2561 Quadratkilometer) und St. Petersburg (1439). Nach Einwohnern ändert sich dagegen wenig: Einschließlich der rund 50.000 neuen Bewohner dürfte Saratow aktuell noch unter einer Gesamtzahl von 900.000 liegen. In Russland gibt es derzeit 15 Millionenstädte.

„Ich liebe Saratow“ (Foto: Tino Künzel)

Bisher hatte der Landkreis die Stadt Saratow auf drei Seiten umschlossen, auf der vierten zieht die Wolga ihre Bahn. Zum Sinn der Zusammenlegung sagte Bürgermeister Michail Issajew in der „Rossijskaja Gaseta“, die Grenzen seien längst fließend gewesen: „Aus der Stadt fährt man aufs Dorf, um sich auf der Datscha zu erholen, aus dem Dorf zur Arbeit, zum Studium oder zum Einkaufen in die Stadt. Da ist es doch logischer, das gesamte Gebiet zusammen zu entwickeln, denn de facto haben wir schon eine übergreifende Infrastruktur.“

Moskau machte es vor

Im neuen Jahr soll der Eingemeindungsprozess fortgesetzt werden. Etwas auch nur annähernd Vergleichbares hatte es bisher nur in der Hauptstadt Moskau gegeben. Dessen Fläche vergrößerte sich 2012 immerhin um das 2,4-Fache, als ihm im Südwesten ein größerer Teil der Moskauer Region zugeschlagen wurde. Das eingemeindete Gebiet jenseits der Ringautobahn, die einst die klassische Stadtgrenze bildete, firmiert seither unter der Bezeichnung Neu-Moskau.

Diese Brücke über die Wolga trennt Saratow von Engels, der ehemaligen Hauptstadt der Wolgadeutschen. (Foto: Tino Künzel)

Saratow hat allerdings noch etwas mit Moskau gemeinsam. Nach aktuellen Zahlen des staatlichen Statistikdienstes Rosstat verzeichnete die Region Saratow von Januar bis Oktober 2021 einen Bevölkerungsrückgang von 26.908 Menschen. Das war landesweit der höchste Wert, gefolgt von Moskau mit 26.787.

Tino Künzel

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