Mit der überraschenden Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten haben sich die Erwartungen hinsichtlich der Lockerung von US-Sanktionen deutlich erhöht. Dies drückt sich beispielsweise in einer von Bloomberg durchgeführten Umfrage unter Finanzanalysten aus. Im Dezember erwarteten 55 Prozent der Teilnehmer eine Lockerung der US-Sanktionen in den kommenden zwölf Monaten. Noch im September hatten dies gerade 10 Prozent der Analysten für möglich gehalten. Trotz russlandfreundlicher Statements des neuen US-Präsidenten ist eine zügige Aufhebung von US-Sanktionen gegenüber Russland dennoch sehr unsicher. Die Republikaner im Kongress vertreten stark russlandkritische Positionen und müssten von einem “Deal” Trumps mit dem Kreml – sollte ein solcher denn zustande kommen – erst noch überzeugt werden.
Hinsichtlich der EU sind die Analysten der Umfrage skeptischer: Sowohl im September als auch im Dezember sahen weniger als die Hälfte einen Abbau der EU-Sanktionen in den kommenden zwölf Monaten. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass die EU ihre Wirtschaftssanktionen um sechs Monate bis Ende Juli 2017 verlängert. Die EU wird die Sanktionen in 2017 wohl noch beibehalten, d.h. eine Verlängerung in die zweite Jahreshälfte scheint uns wahrscheinlich. Die weitere Entwicklung hängt von globalen Politiktrends, der Situation in der Ostukraine und den politischen Konstellationen nach den französischen und deutschen Wahlen im April/Mai und September ab. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass Ideen des diesjährigen OSZE-Vorsitzenden Österreich, wie etwa eine schrittweise Umsetzung der Minsk-II-Vereinbarungen bei gleichzeitigem schrittweisen Sanktionsabbau, aufgegriffen werden.
Auf den internationalen Kapitalmärkten hat sich die Lage Russlands bereits ohne offizielle Sanktionserleichterungen de facto verbessert. Der russische Staat emittierte in 2016 zum ersten Mal seit 2013 wieder eine internationale Anleihe über drei Milliarden US-Dollar. Internationale Anleger halten angesichts attraktiver Renditen und einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik inzwischen wieder einen Anteil von 30 Prozent der ausstehenden staatlichen Rubelanleihen. Wenn auch auf niedrigem Niveau, so gelingt es (nicht sanktionierten) russischen Unternehmen zusehends wieder, sich am internationalen Kapitalmarkt zu bedienen.
Hinsichtlich der Konjunktur Russlands spielen Sanktionen und Gegensanktionen nur eine begrenzte Rolle. So berechnete etwa das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, dass nur etwa ein Drittel der Exportausfälle aus Österreich nach Russland auf letztere zurückzuführen seien, während der Verfall des Ölpreises und des Rubels für zwei Drittel der Verluste verantwortlich seien. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass für eine Wiederbelebung der russischen (Import-)Nachfrage eben diese Faktoren relevant sind. Diese Wirtschaftserholung hat mit dem moderaten Anstieg von Ölpreis und Rubel bereits eingesetzt, auch wenn die straffe Geldpolitik und Sparpläne der Regierung wenig zusätzliche Wachstumsimpulse bieten.