Motivations-Spritze: Wie deutsche Firmen für Corona-Impfung werben

Die Corona-Infektionslage in Russland bleibt angespannt. Das liegt nicht zuletzt an der weit verbreiteten Impfskepsis, mit der auch deutsche Unternehmen konfrontiert sind. Was sie sich einfallen lassen, um ihre Mitarbeiter zum Impfen zu animieren, haben Firmen-Chefs der MDZ erzählt.

Zusätzliche Krankenhausbetten für Covid-19-Patienten im Eisstadion von Krylatskoje in Moskau (Foto: Denis Grischkin/AGN Moskwa)

Stefan Teuchert, Präsident der BMW Group Russia

In Russland wird relativ wenig über Corona gesprochen, auch in den Medien spielt das eher eine untergeordnete Rolle. Deutschland ist da das andere Extrem. Man würde sich irgendwo einen Mittelweg wünschen.

Die Impfbereitschaft ist in Russland deutlich geringer als in Deutschland. Heute sind von unseren Mitarbeitern vielleicht 10 bis 15 Prozent geimpft. Der Anteil ist bei Älteren, die zu Risikogruppen gehören beziehungsweise schwere Fälle in der Familie oder im direkten Umfeld hatten, viel höher als bei den Jüngeren. Die sind da überwiegend sehr verschlossen, sehen die Notwendigkeit nicht. Da sagt man sich: Dann werde ich eben krank, habe ein bisschen Grippe und bin nach 14 Tagen wieder im Büro. Bei den meisten war das ja auch so, aber nicht bei allen. Es gab auch schwere Verläufe. Und die Leute haben unisono gesagt: Wenn ich vorher gewusst hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich mich auf jeden Fall impfen lassen.

Das ist natürlich etwas, das wir auch verbreiten. Wir betreiben Aufklärung, schicken regelmäßig Informationen raus, sprechen auch über mögliche Nachwirkungen der Krankheit, die nicht sofort auftreten. Jetzt wollen wir als weitere Motivation zum Impfen die Teilnahme an Trainings, die eine physische Anwesenheit erfordern, speziell an den begehrten Management-Trainings, an die Voraussetzung knüpfen, dass Teilnehmer geimpft sein müssen.

Ich selbst habe mich schon vor Monaten hier mit Sputnik impfen lassen. Seitdem fühle ich mich viel sicherer, wenn ich in Moskau unterwegs bin, wo ja alles geöffnet und damit auch die Ansteckungsgefahr vergleichsweise groß ist.

Niels Hessmann, Geschäftsführer von Bayer Russland

Wir haben in Russland knapp 2000 Mitarbeiter. Von 350 wissen wir, dass sie an Corona erkrankt waren. Aber man kann davon ausgehen, dass die Zahl höher ist und es uns einfach nicht alle gesagt haben. Es gab auch zwei Todesfälle in Zusammenhang mit Corona bei uns in der Firma. Das waren Kollegen in ihren 40ern.

Für die Impfungen werben wir, seit der Artikel über Sputnik in „The Lancet“ erschienen ist. Hat es gewirkt? Wir merken, dass es besser wird. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Unsere siebenköpfige Führungsmannschaft ist bereits komplett geimpft, was wir mit einer Fotokampagne auch nach außen tragen. Bei einem Town Hall Meeting, das im März stattfand, habe ich Russland gelobt. Ich bin selbst Belgier und konnte mich als Nichtrusse hier impfen lassen, als meine Eltern mit ihren 86 Jahren in Belgien noch auf ihre Impfung warten mussten. Dafür bin ich Russland sehr dankbar. 

Wir stellen unseren Mitarbeitern frei, ob sie sich impfen lassen oder nicht. Aber jetzt, wo die Möglichkeit zur Impfung besteht, gibt es keine Rechtfertigung mehr, nur online zu arbeiten. Die Leute müssen sich treffen und live Kundenkontakte haben. Das wollen die meisten aber auch.

Andreas Knaul, Niederlassungsleiter von Rödl & Partner in Moskau

In unserer Firma sind 100 Prozent der Ausländer geimpft und vielleicht 10 Prozent der russischen Mitarbeiter. Das ist schon kurios. Zu den Gründen frage ich nicht direkt nach, Impfen ist und bleibt Privatsache. Aber man merkt, dass ein relativ großes Misstrauen da ist gegenüber allem, was vom Staat kommt.

Was tun wir, um die bescheidene Impfquote zu verbessern? Wir gehen mit gutem Beispiel voran. Ich habe mich im Mai in Deutschland impfen lassen, wo ich im Homeoffice bin. Es hätte ansonsten auch Sputnik sein können.

Generell gilt beim Impfen das Prinzip der Freiwilligkeit. Wir machen auch keine Geldversprechen und verlosen keine Reisen und dergleichen. Wir versuchen aber, einen gewissen Anreiz zu schaffen, indem für die Teilnahme an internen oder externen Veranstaltungen die Devise gilt: genesen, getestet oder geimpft. Wer es auf sich nehmen will, sich testen zu lassen, der kann das tun. Aber wir hoffen, dass viele von selbst darauf kommen: Der einfachste Weg ist es, sich impfen zu lassen.

Aufgeschrieben von Tino Künzel

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