
Schulen statt Krypto
Der Irkutsker Gouverneur Igor Kobsew teilte mit, dass im Süden der Region ein ernsthaftes Energiedefizit herrsche: In Spitzenzeiten reicht die Kapazität nicht einmal für die grundlegende Infrastruktur aus. Mining-Pools verbrauchen bis zu 650 MW. Diese Energie könnte der Versorgung von Häusern, Krankenhäusern und Schulen zugutekommen. Angesichts dieser Probleme hat die Regionalregierung beschlossen, gegen Kryptowährungs-Pools in die Offensive zu gehen.
Der Kampf der regionalen Behörden gegen Mining-Farmen dauert aber schon länger. In der Region galt bereits ein saisonales Verbot für das Mining von Kryptowährungen während der Heizperiode. Doch jetzt entfällt diese zeitliche Begrenzung, vorerst bis 2031. Der entsprechende Regierungserlass wurde im April 2025 unterzeichnet. Dutzende von Bezirken und Städten, darunter Irkutsk, Angarsk, Sima, Sajansk und andere bevölkerungsstarke Städte, wurden in die Verbotszone aufgenommen. Vor diesem Hintergrund verliert die Region Irkutsk ihren Status als inoffizielle Hauptstadt des russischen Minings, den sie aufgrund einer Kombination aus billigem Strom und einem kalten Klima, das die Kühlkosten für die Anlagen senkte, innehatte. Das „Mekka für Mining“ hat eine Pause eingelegt.
In der Gruppe der Marktführer
Der russische Staat beschränkt das Mining nicht nur in der Region Irkutsk. So ist vom 1. Januar 2025 bis zum 15. März 2031 das Mining digitaler Währungen in Dagestan, Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Karatschai-Tscherkessien, Nordossetien, Tschetschenien sowie in den sogenannten neuen Regionen verboten. In gewisser Weise war dies die Antwort der Regierung auf die rasante Entwicklung des Minings in Russland in den letzten Jahren. Russland ist nach den Vereinigten Staaten beim Kryptowährungs-Mining die Nummer zwei in der Welt. Für das Jahr 2023 wurde die Kapazität der Branche in Russland auf 2,5 GW geschätzt.
Aus dem Schatten in den legalen Bereich
Ein solches Volumen musste die Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden auf sich ziehen, und im August 2024 wurde das Mining im Land legalisiert. Mit der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes hat die Branche klare Regeln: Unternehmen und Einzelunternehmer sind verpflichtet, sich in ein spezielles Register einzutragen, Steuern zu zahlen und Informationen an Rosfinmonitoring zu übermitteln. Mit der Einführung der Besteuerung – bis zu 25 Prozent Gewinnsteuer für Organisationen und eine progressive Mehrwertsteuer für Privatpersonen – erwartet der Staat bis 2026 Einnahmen von bis zu 50 Milliarden Rubel pro Jahr.
Die wichtigste Frage ist, inwieweit die russischen Firmen auf dem Kryptowährungsmarkt bereit sind, im legalen Bereich zu arbeiten. Experten gehen davon aus, dass ohne staatliche Garantien viele lieber im Schatten bleiben oder in andere Länder wie Kasachstan oder Kirgisistan abwandern werden, wo es weniger Kontrollen gibt und die Stromtarife niedriger sind.
Auch 2025 noch rentabel
Das Mining von Kryptowährungen wird immer komplexer und kostspieliger. Nach Angaben von CoinShares, einem der führenden Anbieter auf dem Kryptomarkt, lagen die Kosten für das Mining eines Bitcoins für die größten westlichen Unternehmen Ende 2024 bei 82 000 US-Dollar, einschließlich der Abschreibung der Ausrüstung und anderer indirekter Kosten sogar bei 137 000 US-Dollar. Zum Vergleich: Zu Beginn des vergangenen Jahres betrugen die Kosten für das Mining noch rund 56 000 Dollar. Experten alarmieren: Die Rentabilität sinkt, während der Wettbewerb zunimmt.
Auch die globale Politik wirkt sich auf den Markt aus: Die von den USA verhängten Zölle auf die Einfuhr von Mining-Ausrüstung, unter anderem aus China und Malaysia, untergraben das Geschäftsmodell vieler Akteure. Und in diesem Punkt könnten russische Kryptowährungs-Unternehmen einen Vorteil haben. Das Fehlen von Hindernissen für die Einfuhr von Geräten aus China und ein relativ schwacher Dollar ermöglichen es ihnen, ihren Gerätepark zu günstigen Bedingungen aufzurüsten.
Selbst wenn die Kosten für das Mining steigen, wird dieser Markt profitabel bleiben. Trotz aller Einschränkungen, verschärfter Kontrollen und Handelskriege wird das Mining von Kryptowährungen in Russland weitergehen. Die Anlagen werden in Regionen mit weniger strengen Vorschriften verlagert, und einige Akteure werden wahrscheinlich in das Schattengeschäft abwandern. Aber sie werden nicht aufhören zu arbeiten. Die Analysten von ARK Invest sagen voraus, dass der Bitcoin-Kurs bis 2030 auf 2,4 Millionen Dollar steigen wird.
Goscha Haimow