Ich glaub’ mich streift ’n Bus

Zahlreiche gebrauchte Stadtbusse aus Deutschland haben in Russland eine neue Heimat gefunden. Manche Details erinnern noch an ihre Herkunft.

Ein ehemaliger Hildesheimer Stadtbus sonnt sich in Jekaterinburg. (Foto: Jiří Hönes)

Orangefarbene Plastiksitze mit grau-blau gemustertem Polster, ein Aufkleber wirbt für die „Nummer gegen Kummer“, ein anderer mahnt, keine Pommes oder Würstchen zu verzehren. Reste eines Netzplans sind zu erkennen. Hildesheim. Nein, wir befinden uns nicht in der Bundesrepublik der 1980er Jahre, sondern in einem Linienbus in Jekaterinburg am Ural, im Jahr 2020.

Von Niedersachsen an den Ural

Anhand des Kennzeichens lässt sich herausfinden: Der Oldtimer mit der schnittigen weiß-grünen Lackierung trug in Niedersachsen die Nummer 874. „Der Bus wurde bei uns am 16. Januar 1987 zugelassen“, schreibt uns Kai Henning Schmidt, Geschäftsführer der Stadtverkehr Hildesheim GmbH & Co. KG auf Anfrage.

Er war zusammen mit sieben weiteren Bussen des Typs Mercedes O305 beschafft worden. Damals trug er ein rot-gelbes Farbkleid. Im November 2001 wurde der Bus an ein privates Unternehmen verkauft, dort verliere sich seine Spur, so Schmidt. Wie den Hildesheimer hat es zahlreiche Stadtbusse aus Deutschland nach Russland verschlagen. Dass jedoch ein O305 noch fährt, ist selten. Der Typ wurde bis 1987 bei Mercedes gebaut. Der eckigere Nachfolger O405 ist auf deutschen Straßen auch schon eine Rarität, in Russland findet man ihn in manchen Städten häufig.

Im Bonner Originallack unterwegs

In Wladimir fährt zum Beispiel einer herum, der noch seine original mintgrüne Bonner Lackierung trägt. Dort fuhr er von 1991 bis 2006 unter der Nummer 9001 und wurde sogar zum Namensgeber einer Fanseite. Unter dem Titel „SWB9001“ veröffentlicht Stefan Fuchs zusammen mit einem großen Team an ehrenamtlichen Unterstützern Fotos und Infos rund um die Geschichte der Bonner Stadtbusse. „Er war zu meiner Bonner Zeit mein Lieblingsbus aus Fahrgastsicht. Ein sehr solider Hochflurbus mit einem schönen ZF-Getriebe. Flottes Anfahren, toller Sound“, schwärmt Stefan Fuchs, der als Fahrer in Dresden später selbst am Steuer dieses Typs saß.

Vielleicht entdecken auch Sie auf den Fotos aus Jekaterinburg, Wladimir und Krasnojarsk einen alten Bekannten? Klicken Sie sich durch die Slideshow!

Jiří Hönes

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